Vor Gericht stehen ein Materialprüfer und zwei Lieferanten. Sie sollen den Hamburger Kupferhersteller Aurubis um Millionen betrogen haben. Der Verteidiger kritisiert die Staatsanwaltschaft.
Im Betrugsprozess um manipulierten Schrott beim Hamburger Kupferhersteller Aurubis hat ein Verteidiger die Staatsanwaltschaft deutlich kritisiert. Der Prozess beruhe auf Unterstellungen, sagt der Anwalt am Landgericht Hamburg. In dem Verfahren stehen seit Montag drei Männer vor Gericht, die Aurubis um mehr als 15 Millionen Euro betrogen haben sollen. Die Angeklagten selbst äußerten sich zunächst nicht.
Es handelt sich bei den Angeklagten um zwei Lieferanten, Vater (70) und Sohn (45), sowie einen Materialprüfer (63), der für Aurubis arbeitete. Der Vater und der Prüfer stehen unter anderem wegen gemeinschaftlichen und gewerbsmäßigen Betrugs in 47 Fällen vor Gericht. Der Sohn ist wegen Beihilfe zum Betrug in zwölf Fällen angeklagt. Die Taten sollen sie zwischen April 2012 und August 2016 begangen haben. Das Gericht setzte Termine bis Ende Januar 2025 an.
Anklage: Schrott sei überteuert an Aurubis verkauft worden
Das Unternehmen Aurubis kauft unter anderem Elektronikschrott und gewinnt Kupfer und Edelmetalle zurück. Der Materialprüfer soll der Staatsanwaltschaft zufolge den Wert von Schrott verfälscht haben, indem er Gold- und Silberpulver über Proben streute. Das führte dazu, dass Einkäufer von Aurubis jahrelang mutmaßlich zu viel Geld für den Schrott der angeklagten Lieferanten zahlten. Die Lieferanten brachten dem Prüfer beispielsweise Platinen von Computern.
Der Staatsanwaltschaft zufolge kam es in Niedersachsen im Raum Osnabrück zu mehreren Treffen. Dabei habe der Vater dem Materialprüfer als Gegenleistung für seine Taten insgesamt mehr als 100.000 Euro und zwei Goldbarren gegeben.
Verteidiger: Schaden wird sich nicht nachweisen lassen
Der Verteidiger des Materialprüfers kritisierte in einem Eröffnungsvortrag, es sei nicht beobachtet worden, dass der Materialprüfer Schrott manipuliert habe. In dem Verfahren werde sich kein Schaden nachweisen lassen, sagte der Anwalt. Anhand von Bildern könne nicht bewiesen werden, wie wertvoll ein gemischter Haufen Schrott von 25 Tonnen sei. „Wir können nicht in Schrotthaufen hineinschauen.“ Auch sei unbekannt, wie viele Treffen es zwischen den Angeklagten gegeben habe. Eine Übergabe von Geld und Goldbarren sei nicht beobachtet worden.
Der Verteidiger kritisierte zudem Aurubis und die Staatsanwaltschaft direkt. Das Unternehmen habe Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt, damit es zu einem Verfahren komme. Zwei weitere Verteidiger äußerten ebenfalls Kritik an der Anklage. Ein Sprecher von Aurubis teilte auf Nachfrage mit, das Unternehmen kommentiere laufende Verfahren grundsätzlich nicht.
Das Verfahren war im Februar 2021 eingestellt worden
Die Staatsanwaltschaft teilte auf Anfrage mit, sie habe das Verfahren im Februar 2021 zunächst eingestellt. Aurubis legte dagegen Beschwerde ein, das Verfahren wurde daraufhin der Generalstaatsanwaltschaft zur Prüfung vorgelegt. Im Juli 2021 ordnete die Generalstaatsanwaltschaft die Wiederaufnahme der Ermittlungen an. Gegen die Verdächtigen habe ein hinreichender Tatverdacht vorgelegen, hieß es. Keine Bedeutung für die Wiederaufnahme des Falls hätten „wirtschaftliche Überlegungen“ von Aurubis gehabt, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Urteil im Februar nach Gold- und Silberdiebstählen
Aurubis war in der vergangenen Zeit mehrfach Ziel von Kriminellen. Erst im Februar endete am Landgericht Hamburg ein Prozess um Gold- und Silberdiebstähle bei Aurubis. Bei den 2020 und 2021 verübten Taten soll dem Unternehmen ein Schaden von rund zehn Millionen Euro entstanden sein. Die Täter transportierten Zwischen- und Nebenprodukte ab, die Silber und Gold enthielten. Das Landgericht verurteilte fünf der sechs Angeklagten zu mehrjähriger Haft; ein Angeklagter erhielt als Helfer eine Bewährungsstrafe. Der Hauptangeklagte lebte in der Nähe von Stade. Laut Aurubis gibt es zwischen den Fällen keinen Zusammenhang.
Der Prozess soll am Donnerstag um 9.30 Uhr fortgesetzt werden, wie eine Sprecherin des Gerichts mitteilte. Dann sei ein Sachverständiger geladen.