Keine Planänderung nach dem Attentat auf Donald Trump: Der Republikaner soll in dieser Woche offiziell Präsidentschaftskandidat seiner Partei werden. Aber wie läuft das Ganze eigentlich ab?
Die Begleitumstände bei der großen Ernennung Donald Trumps könnten dramatischer nicht sein. Beim Nominierungsparteitag in Milwaukee wollen die Republikaner ihren Spitzenmann offiziell zum Präsidentschaftskandidaten für die Wahl im November küren.
Doch ein Attentat auf Trump schockt kurz vor dem Auftakt das Land – weniger als 48 Stunden vor Beginn der Zusammenkunft: Ein Mann feuert bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Pennsylvania mehrere Schüsse ab. Trump wird am Ohr verletzt. Ein Familienvater, der als Zuschauer bei der Veranstaltung war, stirbt. Zwei Teilnehmer überleben schwer verletzt.
Trump, der die Attacke leicht verletzt übersteht, inszeniert sich nun mehr denn je als der starke Mann, der selbst durch einen Schusswaffenangriff nicht aufzuhalten ist. Und seine Anhänger vereint mehr denn je das Gefühl: jetzt erst recht.
Was ist überhaupt ein Nominierungsparteitag?
Nach den parteiinternen Vorwahlen in den einzelnen Bundesstaaten müssen sowohl die Demokraten als auch die Republikaner ihr Gesamtergebnis auf nationaler Ebene offiziell bestätigen. Das geschieht bei den jeweiligen Nominierungsparteitagen. Die Demokraten treffen sich dafür Mitte August in Chicago im Bundesstaat Illinois. Der republikanische Nominierungsparteitag findet dieses Mal vom 15. bis zum 18. Juli in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin statt.
Wieso Wisconsin?
Dass die Republikaner Wisconsin auserkoren haben, ist kein Zufall. Es handelt sich um einen „Swing State“, der weder den Republikanern noch den Demokraten fest zugerechnet werden kann. Bei der Präsidentenwahl 2020 gewann der Demokrat Joe Biden dort nur haarscharf gegen Trump. Auch dieses Mal zeichnet sich ein äußerst enges Rennen ab.
Viele lokale Politiker begrüßen Nominierungsparteitage, unabhängig von der eigenen Parteizugehörigkeit, denn sie bringen wirtschaftliche Vorteile mit sich. Der Bürgermeister von Milwaukee ist Demokrat und hat sich aktiv um die Gastgeberrolle bemüht. 2020 sollte dort der Nominierungsparteitag der Demokraten stattfinden – doch die Corona-Pandemie machte alle Pläne zunichte.
Ab heute werden mehr als 50.000 Besucher in Milwaukee erwartet, die Geld für Hotels, Restaurants, Transport und Unterhaltung ausgeben. Es ist ein Riesenspektakel: Die rund eine halbe Million Einwohner zählende Stadt befindet sich im Ausnahmezustand. Das straffe Sicherheitskonzept wurde lange vor dem Trump-Attentat ausgearbeitet. Die Hauptveranstaltungsorte sind nur mit einer im Vorhinein vom Secret Service erteilten Erlaubnis zu erreichen. Es kommen Metalldetektoren und Spürhunde zum Einsatz.
Neben Politikern, Parteimitgliedern und Pressevertretern reisen auch fliegende Händler, Schaulustige und Demonstranten an. Die wohl wichtigsten Gäste bei jedem Nominierungsparteitag sind aber die Delegierten.
Was sind Delegierte?
Delegierte sind Parteimitlieder, die aus allen 50 Bundesstaaten und sechs Territorien zum Nominierungsparteitag geschickt werden. Basierend auf den Vorwahlergebnissen küren sie den Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei. Das System ist uneinheitlich und äußerst komplex. Bei den Republikanern gibt es etwa 2.400 Delegierte. Um die Kandidatur zu gewinnen, muss sich ein Bewerber mindestens 1.215 Delegiertenstimmen gesichert haben. Diese Hürde nahm Trump bereits im März. Insgesamt stehen ihm nach Abschluss der republikanischen Vorwahlen mindestens 2.265 Delegiertenstimmen zu.
Müssen die Delegierten für Trump stimmen?
Theoretisch müssen sich nicht alle Delegierten an die Vorwahlergebnisse halten. Da Trump aber in nahezu jedem Bundesstaat klar gegen seine Mitbewerber gewonnen hat und außerdem starke Loyalität genießt, wird nicht mit einer parteiinternen Revolte gerechnet. Die formelle Nominierung ist für Montag angesetzt. In der deutschen Nacht auf Freitag folgt dann traditionell ein feierlicher Auftritt des frisch gekürten Kandidaten. Als großes Finale hält Trump seine Annahmerede.
Wann wird bekannt, wer Vize werden soll?
Es ist die Frage aller Fragen: Wer wird Trumps „running mate“? Der Republikaner kokettierte monatelang mit dem Vize-Thema, vermied es zuletzt jedoch geflissentlich, durch zu viel Getöse vom parteiinternen Chaos bei den Demokraten wegen Bidens Alter abzulenken. Der nun etablierte Spannungsbogen dürfte ganz nach Trumps Geschmack sein – es war schließlich eine Reality-Show, die dem Unternehmer einst zu nationaler Berühmtheit verhalf. Entertainment gehört zu seinem Verständnis von Politik. Medien berichten, dass sein Sohn Don Jr. den oder die Vize erst am Mittwoch vorstellen soll. In der jüngeren US-Geschichte wurde der Name meist kurz vor dem Nominierungsparteitag bekanntgegeben.
Was steht noch an?
Bei der Zusammenkunft wollen die Republikaner ihr Parteiprogramm zu Themen wie Abtreibung, Waffenrecht und Religion verabschieden. Auch das Drumherum wird interessant: Es finden Diskussionsrunden, Gottesdienste und andere Events statt, um die Parteibasis zu mobilisieren. Trumps Verbündete halten Reden. Lobbyisten bietet das politische Großaufgebot eine willkommene Chance zur Einflussnahme. In rechtskonservativen Kreisen verkehrende Celebrities sollen indes den Promi-Faktor heben. Unklar ist momentan, inwieweit Trumps zuletzt eher abgetauchte Ehefrau Melania eine aktive Rolle spielen wird.
Was ist dieses Mal anders?
Trump kann sich erstmals bei einem Nominierungsparteitag als klarer Anführer der Republikaner präsentieren. 2016 war er noch als Außenseiter angetreten, 2020 hinderte die Pandemie auch die Republikaner an einer großen, pompösen Veranstaltung. Angesichts der Niederlage bei der Wahl 2020 gegen Biden, dem darauffolgenden Kapitol-Sturm und der gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren drohte Trump zwischenzeitlich der parteiinterne Machtverlust.
Doch es ist ihm gelungen, die Republikaner hinter sich zu vereinen. Enge Familienmitglieder sowie loyale Anhänger hat Trump in Schlüsselpositionen der Partei installiert. Mitverantwortlich für die Finanzierung und Koordination der Zusammenkunft in Milwaukee ist etwa seine Schwiegertochter Lara Trump. Das verleiht ihm Kontrolle über den Nominierungsparteitag – und die dort propagierte Vision für Amerikas politische Zukunft.