Save the best for last? An einem Tag, der weltpolitisch für Schlagzeilen sorgte, galt das für’s EM-Finale nur bedingt. Immerhin die TV-Übertragungen waren teils amüsant.
Am Anfang waren die Simpsons-Socken, am Ende war dann doch etwas die Luft raus. Nicht nur, weil vier Wochen selbst für den trinkfestesten Fußballfan eine ziemlich lange Zeit sind, sondern auch, weil an diesem Sonntag, den 14. Juli, schockierende Bilder aus den USA die Schlagzeilen bestimmten. Der „Brennpunkt“ über das Attentat auf den amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump hatte zunächst einmal für einen späteren Beginn der Live-Übertragung in der ARD gesorgt.
So tragisch der Anlass, so wohltuend die dadurch spürbar verkürzte Vorberichterstattung. „Liebling, komm’ schnell, der Basti erklärt die Laufwege vom Kyle Walker!“ – Sätze, die man an diesem Abend wohl eher selten hörte. Immer nochmal die Frage nach der Gefühlslage vor so einem wichtigen Spiel, auch das nicht eben Premium-Content. Man hätte wohl lieber Zeigler und Köster beim Subbuteo-Spiel zugeschaut oder bei einer vorgezogenen Runde Kneipenquiz mitgepichelt. Stattdessen gab es mit Esther Sedlaczek, Bastian Schweinsteiger, Almuth Schult und Alexander Bommes ein Quartett, das ablieferte, wie die Engländer in der ersten Halbzeit, engagiert, doch mit Luft nach oben.
Das EM-Finale brachte auch eine abgerockte Altersmilde mit sich
Aber sei es drum. Am letzten Abend legt sich auch eine gewisse abgerockte Altersmilde über das fernseherische Fußballerlebnis. Es gibt wohl wichtigere Dinge, als die Frage nach Schults mütterlichen Gefühlen beim Anblick von Lamine Yamal. Der ist nach seinem am Vortag absolvierten 17. Geburtstag laut Alexander Bommes ohnehin „ein alter Sack“. Dem Flachs zwischen Schweinsteiger und Sedlaczek ging auch so langsam die Luft aus, kein Nachteil, dass die Abschlussfeier dieser Europameisterschaft weitere Sendezeit vorm Anstoß einforderte. Ein bisschen Ellenbogen-Ballett, dann die Fussi-Hymne „Fire“ von Leony und OneRepublic, jenem Eurodance-Stomper im stilistischen Kreuzpunkt aus Coldplay und Loona, fertig war das Vorspiel.
Bilderstrecke Finale Spanien England
Am Mikro, oder besser, an den Mikros im Kommentatorenkämmerlein mit Tom Bartels und Thomas Hitzlsperger ein Tandem, das über den Verlauf der EM so solide ablieferte wie das spanische Team – pointiert, dicht am Geschehen und kritisch, wenn nötig, so etwa bei den erneuten Pfiffen gegen Spaniens Cucurella oder mit Blick auf die bevorstehende Klub-WM. Bei beidem waren Tom und Thomas sich einig: „Es ist einfach zuviel!“
Nach dem Spiel übernahm schließlich noch einmal die Viererbande. Die Messe war gelesen, das Feuerwerk verpufft, entsprechend mit einem Fuß aus der Tür auch die Expertenrunde. Als das Gespräch auf eine mögliche Entlassung des englischen Coaches Southgate kam, erging Schweinsteiger sich in einem Pro und Contra in puncto Harry Kane. Selbst Sedlaczeks energischen Hinweise, man spreche hier über den Trainer und nicht den Torjäger, perlten an Basti ab wie Weißbier an einem Meistertrainer.
Feierabend für eine ganze Expertenmannschaft
So endete mit dieser Europameisterschaft, genau einen Monat nach dem 5:1-Auftaktsieg der deutschen Mannschaft gegen die Schotten, nicht nur ein Fußballfest als solches, sondern auch ein vielköpfiges Experten- und Entertainment-Spektakel. Während in der ARD etwa Schweinsteiger zumindest eine verbesserte Form zu attestieren war, gehörte ein Großteil des Rampenlichts dem Team Spaghetti-Eis im ZDF. An Breyer, Mertesacker und Kramer, in wechselnder Besetzung u.a. mit der unaufgeregt souveränen Fritzy Kromp und Kathrin Müller-Hohenstein in eingangs erwähnten Socken, gab es kaum ein Vorbeikommen. Langweilige Sneaker hin, pastellfarbene Pensionärsmode her, das hatte durchweg kurzweiligen Unterhaltungswert.
Bei RTL bot das Duo Elton und Jan Köppen den eher flapsig angelegten Gegenpol zur fußballerischen Ernsthaftigkeit. Und was Kramer und Mertesacker womöglich an allzu kritischem Blick auf das deutsche Team fehlte, das machte Lothar Matthäus als Elder Statesman mit scharfem Analyseskalpell wett. Nicht nur das Geschehen auf dem Feld, zwischen hängender Sechs und zweiten Bällen, veranschaulichte Matthäus präzise, auch mit dem Blick nach vorn scheute der Rekordnationalspieler sich nicht, dem allzu euphorisch geblähtem Nationalmannschaftssegel etwas den Wind aus selbigem zu nehmen – auf dem Weg zurück zur fußballerischen Top-Nation ist durchaus noch ein gutes Stück zurückzulegen.
In zwei Jahren wird man bei der WM in USA, Mexiko und Kanada sehen, wieviel davon eingelöst wird. Mit dann 104 Partien in 39 Tagen an 16 Spielorten kommt dann auch auf die Experten wieder einiges an Arbeit zu. In diesem Sinne: Wir lesen uns zu diesem Thema am 11. Juni 2026 wieder – dann ist Anstoß im Aztekenstadion von Mexiko City. Bis dahin!