Kurz nachdem Donald Trump einen Wahlkampfauftritt in Pennsylvania beginnt, fallen Schüsse. Der Ex-Präsident wird leicht verletzt. Was bedeutet der Anschlag für den Wahlkampf?
Donald Trump hört ein zischendes Geräusch, eine Kugel durchbohrt den oberen Teil seines rechten Ohrs – der frühere Präsident schmeißt sich auf den Boden. Agenten des Secret Service legen sich auf ihn, um den 78-Jährigen zu schützen. Kurz danach begleiten sie Trump von der Bühne. Trumps Ohr und Schläfe sind blutverschmiert, er streckt die Faust in die Luft und ruft mehrfach: „Kämpft“.
Trump wird an einen sicheren Ort gebracht. Etwa zweieinhalb Stunden später meldet sich der Republikaner auf Truth Social zu Wort und schildert, wie er den versuchten Mordanschlag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Butler im US-Bundesstaat Pennsylvania erlebt hat. „Es ist unglaublich, dass es eine solche Attacke in unserem Land gibt“, schreibt Trump. US-Präsident Joe Biden verurteilt den Anschlag und spricht von „kranker“ Gewalt.
Noch bevor der Name oder das Motiv des Täters feststeht, melden sich viele Republikaner auf X zu Wort. Der konservative Kongressabgeordnete Mike Collins schreibt: „Joe Biden hat den Befehl geschickt.“ Richard Grenell, Trumps früherer US-Botschafter in Deutschland, spricht von Bidens „Richtlinie“, der jemand gefolgt sei. Die Kongressabgeordnete Marjorie Taylor Greene behauptet, „die Demokraten und Medien“ seien „für jeden Tropfen Blut verantwortlich“.
Der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, bezichtigt die Demokraten indirekt: „Sie versuchen, ihn einzusperren. Sie versuchen ihn zu töten. Es wird nicht funktionieren. Er ist unbezwingbar.“ Auch Stephen Miller, einer der wichtigsten Strategen von Trump, meldet sich zu Wort: „Die gesamte Wahlkampfbotschaft der Demokratischen Partei besteht aus der abscheulichen und monströsen Lüge, dass Trump und die Republikaner versuchen, die Demokratie zu zerstören. Diese Mammutlüge, dieses finstere Gift, dieser schreckliche Hass und diese Diffamierung müssen aufhören. Es muss aufhören.“
„Diese Rhetorik führte direkt zum versuchten Attentat“
Der Senator von Ohio, J.D. Vance, teilt diese Einschätzung. „Die Prämisse der Biden-Kampagne ist, dass Präsident Donald Trump ein autoritärer Faschist ist, der um jeden Preis gestoppt werden muss“, so Vance, der als Trumps Vizepräsidentschaftskandidat im Gespräch ist. „Diese Rhetorik führte direkt zum versuchten Attentat auf Präsident Trump.“
Es gibt keinen Moment des Innehaltens, sofort wird der versuchte Mordanschlag seitens der Republikaner politisch instrumentalisiert. Joe Biden soll schuld sein – so einfach ist das.
Zugleich steht die Frage im Raum, welche Auswirkungen der Mordanschlag auf die Wahl in weniger als vier Monaten haben wird. Geht es nach dem reichsten Mann der Welt, soll der 45. Präsident der USA auch der 47. werden. Elon Musk rief auf seiner Plattform X nach dem Anschlag zu Trumps Wahl auf. „Ich unterstütze Präsident Trump voll und ganz und hoffe auf seine schnelle Genesung“, schreibt Musk.
In der Geschichte der USA wurden vier US-Präsidenten durch Attentate getötet, darunter Abraham Lincoln im Jahr 1865 und John J. Kennedy ein knappes Jahrhundert später. Als letzterer starb, übernahm Lyndon B. Johnson, Kennedys Vize, die Amtsgeschäfte. Ein Jahr nach dem Attentat stellte sich Johnson zur Wiederwahl und holte landesweit mehr als 61 Prozent der Stimmen. Kein Präsident hat prozentual jemals höher gewonnen als er.
Es gab auch jene Präsidenten, die Attentatsversuche überlebten. Der Anschlag auf Ronald Reagan im Jahr 1981 war so einer. Auf den Republikaner wurde im März 1981 in der Hauptstadt Washington gefeuert, da war er erst etwas mehr als zwei Monate im Amt. Reagan überlebte schwer verletzt. Bei seiner Amtseinführung hatte er eine Zustimmungsrate von 51 Prozent. Nach dem Anschlag stieg diese zwischenzeitlich auf 68 Prozent an. Im Jahr 1984 wurde Reagan mit einem überwältigenden Ergebnis wiedergewählt.
Versammelt sich Amerika nun um Donald Trump?
Ja – wenn auf Präsidenten geschossen wird, versammelt sich das Land in der Regel um sie. Die Amerikaner sprechen vom Rally-’round-the-Flag-Effekt. Ein nationales Trauma führt zu Geschlossenheit. Die Frage ist nun, ob sich die Bürgerinnen und Bürger der Vereinigten Staaten auch um ihren Ex-Präsidenten versammeln, der ins Weiße Haus zurück möchte.
Trump wird alles daransetzen. Nächste Woche soll er in Milwaukee offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der republikanischen Partei gewählt werden. Ausgerechnet Milwaukee – im Jahr 1912 wurde dort auf Theodore Roosevelt geschossen. Der damalige Präsident überlebte und sorgte sogar dafür, dass seinem Attentäter nichts geschieht.
Am Samstagabend kam kurz die Diskussion auf, ob der Parteitag verschoben werden müsse. Die Republikaner erteiltem dem rasch eine Absage. Trump macht weiter, jetzt erst recht.