Insekten im Sommer: Stichfeste Fakten zu bekannten Mücken-Mythen

Laue Sommernächte – es ist die Zeit der Mücken. Hilft es, wenn das Licht aus ist oder ein Kokos-Duft auf dem Tisch steht? Manches ist Fakt – anderes nur Mythos.

Viele Menschen, die an langen Sommerabenden in kurzer Kleidung draußen sitzen – für Stechmücken kann es kaum schöner sein. Die zahlreichen Regenfälle in diesem Jahr führen nach Angaben von Experten dazu, dass ungewöhnlich viele von ihnen unterwegs sind. Welche Tricks helfen und welche Mythen halten sich hartnäckig?

Behauptung: Mücken mögen süßes Blut.

Falsch! Mückenexperte und Biologe Helge Kampen sieht bei dieser Aussage gleich zwei Fehler: Es gebe kein süßes Blut und Mücken würden sich nicht an Blut orientieren, sondern an Gerüchen. Dabei reagieren sie auf bestimmte Geruchskombinationen oder „Duftcocktails“, wie sie Kampen nennt. Diese Cocktails ergeben sich laut Kampen aus zwei Komponenten: zum einen aus der verbrauchten Atemluft, also Kohlendioxid, zum anderen aus dem Duft, der über die Haut abgegeben wird. 

Dabei gibt es nach Worten des Experten vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) Unterschiede bei der „Attraktivität“ eines Menschen. „Wir haben in Deutschland 52 Stechmückenarten, die sich zum Teil unterscheiden“, sagt Kampen. Es könne durchaus vorkommen, dass ein Mensch in einer bestimmten Region von vielen Stechmücken gestochen werde, in einer anderen Region dagegen weniger.

Behauptung: Wer Alkohol trinkt, zieht mehr Mücken an.

Stimmt! Wer sich an einem lauen Sommerabend gerne ein Bier oder einen Aperol genehmigt, sollte sich der Wirkung von Alkohol auf den eigenen Körpergeruch bewusst sein. „Der Alkohol führt dazu, dass unsere Venen geweitet werden und dadurch die Durchblutung und auch die Schweißproduktion erhöht wird“, erklärt Insektenforscherin und Mückenexpertin Doreen Werner. Der Schweißgeruch sei dann der Lockstoff, auf den Mücken reagieren, führt die Biologin weiter aus.

Mehrere Studienergebnisse belegen das, unter anderem eine der American Mosquito Control Association. Der Verband für Mückenkontrolle ließ mehrere Probanden ein Bier trinken, andere blieben dagegen nüchtern. Den Mücken wurde dann ein Arm einer nüchternen und ein Arm einer angetrunkenen Person präsentiert. Das Ergebnis: Mehr Mücken landeten auf jenen Probanden, die zuvor ein Bier getrunken hatten.

Behauptung: Mücken werden von Licht angezogen.

Fast gar nicht! Es gebe nur ein paar Mückenarten, die auf Licht reagieren, sagt Mückenexperte Kampen. Aber auch bei diesen wirkten Reizstoffe wie CO2 oder Duftstoffe der Haut stärker. Zusätzlich könnten Mücken die Temperaturen von Menschen auf kürzere Distanzen registrieren. Je näher eine Mücke demnach kommt, desto eher kann sie einen Menschen ausfindig machen. Wer abends also aus Vorsicht eher im Dunkeln durch die Wohnung läuft, sollte wissen: „Mücken kommen auch rein, wenn das Licht aus ist“, so Kampen.

Das Umweltbundesamt (Uba) ⁠schreibt auf seiner Website zu Stechmücken, dass die im Handel angebotenen UV-Lampen im Außenbereich verboten sind. Grund ist demnach, dass „Mücken kaum vom UV-Licht angezogen werden“. Stattdessen würden viele gefährdete Insektenarten wie zum Beispiel bestimmte Nachtfalter angelockt und getötet.

Behauptung: Bestimmte Duftstoffe halten Mücken fern.

Stimmt! Allerdings muss nach Worten von Insektenforscherin Werner nicht jeder Abwehrstoff die gleiche Wirkung haben. Denn Menschen würden unterschiedlich viel CO2 und andere Gerüche abgeben und seien daher unterschiedlich attraktiv für Mücken. „Der eine sagt, ich kann mich mit Lavendelöl einreiben, der nächste sagt, ich muss Knoblauch essen und der dritte braucht schon die chemische Keule aus der Apotheke“, erklärt Werner. Was genau für jeden Einzelnen das Mittel der Wahl sei, könne nur durch Ausprobieren herausgefunden werden.

Die Abwehrstoffe müssten aber grundsätzlich richtig dosiert sein, damit sie einerseits verlässlich wirkten und andererseits verträglich für die Haut seien, erklärt Biologe Kampen. Bei Anti-Mücken-Mitteln sei der Vorteil, dass die verwendeten Stoffe standardisiert und damit die Wirksamkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben sei. Diese Mittel, die vor allem auf die Haut aufgetragen werden, könnten Mücken meist mehrere Stunden fernhalten, erklärt Kampen. Irgendwann lasse die Wirkung dann nach.

Behauptung: Spucke lindert den Juckreiz von Mückenstichen.

Stimmt teilweise! Dabei werde der Juckreiz nicht wegen der Spucke selbst gelindert, sondern wegen des kühlenden Effekts, erklärt Allergologe Mathias Sulk. Spucke sei aber kein „Allheilmittel“, sagt der Leiter der Allergologie am Universitätsklinikum Münster. Denn mit ihr könnten auch Bakterien der Mundschleimhaut auf die Haut kommen. Vor allem bei aufgekratzten Mückenstichen sei das nicht gut. Sulk rät deshalb: „Ich würde eher Wasser darauf geben. Das verdunstet auch und hat entsprechend denselben kühlenden Effekt.“

Neben dem Kühlen soll auch gezielt eingesetzte Wärme Linderung verschaffen. Extra dafür konzipierte Hitzestifte geben für ein paar Sekunden einen Temperaturstoß ab. „Diese Hitze erzeugt einen Schmerzreiz und dieser führt dazu, dass der Juckreiz überdeckt wird“, erklärt Sulk. Wichtig sei, die medizinischen Hitzestift-Produkte zu verwenden und nicht etwa einen Löffel am Feuerzeug zu erwärmen und diesen auf den Stich zu halten. Dann könne es schnell zu Verbrennungen kommen, erläutert der Mediziner.

Ob Kälte oder Hitze besser den Juckreiz lindert, ist vor allem eine subjektive Empfindung und von Person zu Person unterschiedlich, wie der Allergologe sagt. Es gebe keine Studien, die untersucht hätten, was besser wirkt. Aber: „Man weiß, dass beides wirkt.“

Behauptung: Mücken hier sind nicht so gefährlich wie in anderen Ländern.

Stimmt – wobei sich im Zuge des Klimawandels viel verändert! Mücken gelten allgemein als die gefährlichsten Tiere der Welt: Vor allem durch die Verbreitung von Krankheiten wie Malaria, Dengue- und Gelb-Fieber „tötet die Stechmücke mehr Menschen als jedes andere Lebewesen auf der Welt“, heißt es bei der US-Gesundheitsbehörde CDC. 

In Deutschland müssten sich Menschen vorerst keine großen Sorgen machen, sagt Mückenexperte Kampen. „Stechmücken-übertragene Erreger sind in Deutschland tatsächlich noch eine Seltenheit.“ Mit im Zuge des Klimawandels droht sich das allerdings zu ändern – weil sich sowohl bestimmte Erreger als auch Mückenarten aus wärmeren Regionen hier immer wohler fühlen.

Die seit einigen Jahren in Deutschland vorkommende Asiatische Tigermücke zum Beispiel sei ein „guter Überträger von vielen gefährlichen Viren“ wie Dengue- und Zika-Virus, erklärt der Biologe. Bisher sei aber kein Fall bekannt, bei dem eine der Krankheiten von einer solchen Mücke hierzulande übertragen wurde. In südlicheren Ländern wie Italien gab es solche Übertragungen bereits.

Bereits recht weit verbreitet in einheimischen Stechmücken-Populationen ist das West-Nil-Virus, das 2018 erstmals in Deutschland nachgewiesen wurde. Die meisten Infektionen beim Menschen verlaufen laut Robert Koch-Institut (RKI) symptomlos, etwa 20 Prozent der Infizierten entwickeln eine fieberhafte, grippeähnliche Erkrankung, etwa jeder Hundertste bekommt eine Hirn- oder Hirnhautentzündung. 

In Deutschland wurden 2023 sechs Infektionen erfasst – Experten gehen dabei aber von einer hohen Zahl nicht entdeckter Fälle aus. Die übertragende Art, die Gemeine Stechmücke (Culex pipiens), ist in Europa weit verbreitet. Sie auszurotten, ist daher kein möglicher Weg, die weitere Ausbreitung des bisher vor allem in bestimmten ostdeutschen Bundesländern kursierenden West-Nil-Virus noch einzudämmen.

Behauptung: Nach einem harten Winter gibt es weniger Mücken.

Falsch! Einheimische Mückenarten sind gut an das Klima in Deutschland angepasst und damit auch an kalte Winter. Die Deutsche Wildtierstiftung schreibt auf ihrer Website, dass Stechmücken unterschiedliche Überwinterungsstrategien hätten. Mückeneier nähmen bei Frost nur selten Schaden. 

Was für Mücken zum Problem werden könne, sei wechselhaftes Wetter im Winter, sagt Kampen. Denn bei Kälte passten Mücken ihren Stoffwechsel den Temperaturbedingungen an. Bei steigenden Temperaturen werde der Stoffwechsel wieder hochgefahren, erklärt der Biologe. Steigen und sinken die Temperaturen also immer wieder, reagiere der Körper der Mücke darauf und das verbrauche Energie.

„Neue Arten, die sich zum Beispiel aus den Tropen hier angesiedelt haben, sind natürlich nicht gut angepasst“, sagt der Mückenexperte. Diesen Mücken schade ein vergleichsweise kalter Winter daher mehr.