Ob Tastführungen oder Guides in Gebärdensprache: In etlichen Museen gibt es Angebote für Menschen mit Behinderung. Aus Sicht von Experten reicht das aber nicht aus.
Die Museen in Thüringen bieten zwar bereits einige Angebote für Menschen mit Behinderung – nach Ansicht von Experten gibt es aber noch viel zu tun. „Es gibt schon einige gute Beispiele und Leuchttürme, insgesamt ist es aber noch zu wenig“, sagte Andrea Grassow, die stellvertretende Geschäftsleiterin der LIGA der politischen Interessen- und Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen in Thüringen.
Dabei gebe es viele sinnvolle Ansätze, die nicht zwangsläufig mit hohen Kosten verbunden sein müssten. Ein Beispiel hierfür seien etwa „stille Stunden“ in den Museen oder Ruheräume für Menschen mit Autismus oder psychischen Beeinträchtigungen.
Auch bei den Hinweisen zur Anreise auf Internetseiten könnten viele wichtige Informationen vermittelt werden, die es aber meist nur halbherzig gebe. Generell sollten die Internetauftritte mit Vorlese- oder speziellen Kontrastfunktionen ausgestattet sein. Bei Umbauten müsse immer das Prinzip des „universellen Designs“, das die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen einschließt, berücksichtigt werden.
Teilhabe von Anfang an mitdenken
Grundsätzlich stelle sich immer die Frage nach Qualität und Verfügbarkeit: Oft seien Angebote nur mit einem langen Vorlauf oder eingeschränkt nutzbar. Teilhabe müsse deshalb bei jeder Planung von Anfang berücksichtigt werden. „Die Sensibilisierung für dieses Thema beginnt in den Köpfen – daran mangelt es teilweise.“ So müssten Menschen mit Behinderung stärker in Prozesse einbezogen werden, um die Sichtweise und Bedürfnisse der Betroffenen einzubringen. Ein Schwerpunkt müsse zudem die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sein, damit die Teilhabe an Kultur von klein auf zur Selbstverständlichkeit werde.
Taststationen und telefonische Führungen
Vorreiter bei Angeboten für Menschen mit Behinderung sind naturgemäß die großen Museen und Gedenkstätten: So biete die Klassik-Stiftung Weimar Tastführungen oder Führungen in einfacher Sprache ab, erklärte ein Sprecher. Die Audioguides seien ausgebaut und in einigen Ausstellungen Taststationen eingeführt worden. Auch das Format „Bei Anruf Kultur“, bei dem Anrufer beim Museumsbesuch die Inhalte telefonisch erklärt bekommen, werde gut angenommen. Aktuell sei eine virtuelle 3D-Führung durch Goethes Wohnhaus in Arbeit.
In der Gedenkstätte Andreasstraße gibt es einer Sprecherin zufolge spezielle Führungen, die durch ein Team – darunter auch Personen, die selbst Assistenzbedarf haben – betreut werden. Angeboten werden auch Tastführungen und Fortbildungen in Sachen Barrierefreiheit für Lehrer. Zudem seien Assistenzhunde erlaubt und es gebe tragbare Hocker zum Ausleihen.
Die Gedenkstätte Buchenwald bietet einem Sprecher zufolge vor allem Angebote für Menschen mit Lernschwierigkeiten und Hörgeschädigte. Perspektivisch sollen Rundgänge im Tandem-Format eingerichtet und bei der Modernisierung der Dauerausstellung auch zusätzliche Angebote für Sehbehinderte geschaffen werden.
Im Panoramamuseum Bad Frankenhausen werden laut einer Sprecherin schon seit mehr als zehn Jahren Führungen für Menschen mit Behinderung angeboten, das Museum ist zudem mit der Kennzeichnung „Reisen für alle“ für Barrierefreiheit zertifiziert. Auch hier sind Assistenzhunde erlaubt, es gibt Guides in Gebärdensprache und leichter Sprache sowie beschreibende Touren für Sehgeschädigte. Im Zeiss- Planetarium soll nach der Sommerpause das Programm „Unser Weltall“ in Gebärdensprache angeboten werden.
Kleine Museen können sich Angebote nicht leisten
Vor allem aus Sicht der Museen in historischen Gebäuden seien Denkmalschutzvorgaben die größte Herausforderung, hieß es übereinstimmend. „An dieser Stelle wäre es manchmal sinnvoll, sich auf Kompromisse einzulassen, anstatt auf die Umsetzung großer Umbaumaßnahmen zu warten“, erklärt Bruno Beier vom Landesverband für Menschen mit Behinderungen in Thüringen. Nötig sei zudem eine stärkere Unterstützung der kleinen Museen. Diese wollten oftmals Angebote für Menschen mit Behinderung machen, könnten dies aber nicht leisten.