Die einstige French-Open-Gewinnerin Barbora Krejcikova läuft in Wimbledon wie ihre Final-Gegnerin unter dem Radar. Und kann ihren Triumph am Ende selbst nicht glauben.
Zärtlich küsst Barbora Krejcikova die prestigeträchtige Wimbledon-Trophäe. In einem Außenseiter-Finale hat sich die tschechische Tennisspielerin zum ersten Mal zur Siegerin beim populären Rasenturnier in London gekürt und ihren zweiten Grand-Slam-Titel im Einzel nach dem French-Open-Coup 2021 gefeiert. Mit 6:2, 2:6, 6:4 entschied sie das Endspiel gegen die Italienerin Jasmine Paolini für sich, das nach überraschenden Wendungen am Ende zu einem Zitterspiel wurde.
„Ich habe keine Worte. Es ist einfach unwirklich. Es ist definitiv der beste Tag meiner Tenniskarriere und auch der beste Tag meines Lebens“, sagte die 28-Jährige. „Wir haben um jeden Punkt gekämpft. Am Ende war ich die Glückliche.“
Mit dem ersten Break im dritten Satz zum 4:3, auch mithilfe eines Doppelfehlers der Italienerin, hatte sich Krejcikova den Vorteil im entscheidenden Durchgang gesichert. Die Entscheidung fiel aber erst, als sie bei 5:4 ihr Aufschlagspiel durchbrachte, obwohl sie angesichts des nahenden Triumphs Nerven zeigte. „Ich habe einfach versucht, mutig zu bleiben“, schilderte Krejcikova, die am Montag als neue Nummer zehn der Welt in die Top Ten zurückkehren wird.
Krejcikova kann es selnst nicht glauben
Als beim dritten Matchball der Return von Paolini deutlich ins Aus flog, hatte sie die Arme in die Höhe gerissen. Sie schickte eine Kusshand in den Himmel und holte sich wenig später die Glückwünsche ihres Teams auf der Tribüne ab. Sie kürte sich als nächste tschechische Siegerin zur Nachfolgerin von Landsfrau Marketa Vondrousova.
Niemand in ihrer Heimat werde wohl glauben, dass sie hier auf diesem berühmten Schauplatz tatsächlich triumphiert habe: „Niemand wird glauben, dass ich ins Finale gekommen bin und niemand wird glauben, dass ich Wimbledon gewonnen habe. Ich kann es nicht glauben“, sagte die Tschechin. Sie sei nicht in wirklich guter Form gewesen. „Nun stehe ich hier und bin Wimbledonsiegerin.“
Gedanken an Novotna
Als bei der Siegerehrung die Rede auf ihre gestorbene frühere Trainerin Jana Novotna kam, die 1998 Wimbledon gewonnen hatte, musste Krejcikova schlucken. Sie zu treffen, habe ihr Tennisleben verändert. „Jana war diejenige, die mir gesagt hat, dass ich das Potenzial habe. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal die gleiche Trophäe gewinne wie Jana“.
Die neue Wimbledon-Gewinnerin darf sich über ein Preisgeld von umgerechnet 3,2 Millionen Euro freuen. Paolini, erste Italienerin im Wimbledon-Endspiel, erhält knapp 1,7 Millionen Euro. Vor einem Monat verpasste sie bei den French Open ebenso ihre Grand-Slam-Titelpremiere wie jetzt an der Londoner Church Road.
Trotz ihrer Enttäuschung konnte die 28-jährige Italienerin gleich wieder lächeln. „Ich muss mich erinnern, dass es trotzdem ein guter Tag ist. Hier jetzt zu sein, ist verrückt. Ich habe jeden Tag genossen. Es waren wunderschöne zwei Wochen. „
Krejcikova mit besserem Start im Überraschungsfinale
Zu prognostizieren war dieser finale Akt des Damen-Tableaus eigentlich nicht gewesen. Die Nummer 31 der Setzliste (Krejcikova) traf auf die Nummer sieben (Paolini). Krejcikova brachte Final-Erfahrung auf dem Centre Court im All England Lawn Tennis and Croquet Club aus ihren Doppel-Erfolgen mit. 2022 und 2018 hatte sie die Doppel-Konkurrenz an der Londoner Church Road gewonnen. Insgesamt sieben Grand-Slam-Titel im Doppel und drei weitere im Mixed stehen in ihrer Erfolgsstatistik.
Vor 15.000 Zuschauern auf dem Centre Court startete Krejcikova zwei Tage nach dem erkämpften Halbfinalerfolg gegen die klar favorisierte frühere Wimbledon-Siegerin Jelena Rybakina aus Kasachstan deutlich besser.
Krejcikova spielte gegen die gleichaltrige Italienerin zunächst konstanter und scheuchte sie in die Winkel. Bei 4:1 war die derzeitige Doppelpartnerin von Laura Siegemund mit zwei Breaks vorn. Sie schlug hervorragend auf und hatte nach 35 Minuten mit dem ersten Satzgewinn die Hälfte geschafft.
Wer jedoch dachte, es würde im zweiten Satz so weitergehen, sah sich getäuscht. Paolini verließ nach dem Satzverlust den Platz und war, als es weiterging, plötzlich die bessere Spielerin. Der zweite Satz ging klar an die Italienerin. Doch die Partie kippte erneut.