Es ist eine Horrorvorstellung: Auf einmal tut sich die Erde auf und reist Häuser und Straßen in die Tiefe. Solche Erdfälle kommen in Thüringen immer wieder vor. Erhöht Regenwetter die Gefahr?
In diesem Jahr sind in Thüringen bisher 12 Erdfälle registriert worden. „Diese Anzahl erscheint im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren momentan nicht signifikant erhöht“, sagte ein Sprecher des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN). Ob die Zahl der Erdfälle aufgrund der hohen Niederschlagsmengen der vergangenen Monate ansteigen werde, müssten die kommenden Wochen und Monate zeigen. Aktuell sei die Lage den Umständen entsprechend normal, es könnten nicht mehr Ereignisse als in den vorherigen Jahren festgestellt werden.
Grundsätzlich sei im Frühjahr und Winter eine Häufung zu beobachten. Vermutlich liege das an mehr Grundwasser in diesen Monaten. Daher sei abzuwarten, ob sich das Wetter der vergangenen Monate auswirke. Erdfälle könnten aber das gesamte Jahr über auftreten.
Große Teile Thüringens könnten Risikogebiet sein
Die höchste Dichte von Erdfällen gibt es demnach am Südrand von Harz und Kyffhäuser, am Nord- und Südrand des Rennsteigs sowie im Bereich des Salzhanges in Südthüringen. Auch die nördlichen und westlichen Ränder der Thüringer Senke seien stark betroffen.
Fast zwei Drittel der Landesfläche Thüringens könnten von derlei Ereignissen beeinflusst werden, so der Sprecher. Betroffen waren in diesem Jahr unter anderem Ichstedt, Lengenfeld unterm Stein und Artern in Nordthüringen, Ilmenau-Roda und Leina in Südthüringen, sowie Bottendorf, Schnepfenthal und Hauenhof bei Bad Salzungen.
Warnzeichen gibt es keine
Verursacht werden Erdfälle dem Amt zufolge durch die Lösung von wasserlöslichen Salzen, Sulfaten und Karbonaten im Erdreich. Aktuell seien im Freistaat rund 21.000 sogenannte Subrosionsobjekte erfasst, die Erdfälle, Subrosionssenken, Zerrspalten und Erdfallquellen beinhalteten. Bis zum Ende eines aktuellen Kartierungsprojekts könnten noch einige tausend weitere Objekte dazu kommen, hieß es. Als Subrosion wird die unterirdische Abtragung von Gesteinen etwa durch Grundwasser bezeichnet.
Warnzeichen für Erdfälle gibt es den Experten zufolge nicht. In bekannten Risikogebieten würden gemeinsam mit dem Land Thüringen Erkundungsmaßnahmen durchgeführt sowie punktuell Frühwarnsysteme installiert. Die prominentesten Erdfälle in urbanen Räumen ereigneten sich dem TLUBN zufolge vor allem im Jahr 2012, damals unter anderem in Schmalkalden, Tiefenort und in Nordhausen-Salza. In Bottendorf wurde 2021 ein größerer Erdfall verzeichnet, in Oberrohn werden seit nunmehr 30 Jahren intensive Senkungen im Bereich einer Bahnstrecke beobachtet.
Etliche Reparaturen an Straßen notwendig
Auch für die Thüringer Straßenbauverwaltung sind Erdfälle ein Problem. Allein in diesem Jahr wurden an mehreren Stellen Reparaturen nötig – etwa in der Nähe mehrerer Orte im Kreis Nordhausen. In Wolfsgefärth im Kreis Greiz wurde demnach ein Erdfallabschnitt mit einer Stahlbetonplatte überbrückt.
Auf der B4 zwischen Erfurt und Andisleben wurde sechs Jahre lang ein Monitoring wegen eines Erdfallverdachts durchgeführt. Dabei seien keine Hinweise auf Vorgänge im Untergrund nachgewiesen worden. Planern von Bauvorhaben – von Rohr- und Kanalleitungen bis hin zu Gebäuden und Bahnstrecken – würden von den TLUBN-Experten bei Vorhaben beraten, zudem werde derzeit eine Gefahrenhinweiskarte erstellt, hieß es vom TLUBN.
Wer selbst in einem Erdfallgebiet bauen will, sollte ein Bodengutachten erstellen lassen. Schäden aus Erdfällen werden Versicherern zufolge in der Regel nicht über die Hausratversicherung abgedeckt, dafür ist der Abschluss einer Elementarschadenversicherung nötig. Auf der Seite des TLUBN gibt es unter anderem Merkblätter mit Tipps für das Verhalten bei Erdfällen.