Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts gelten viele Honorarkräfte an Musikschulen nun als Scheinselbstständige. Kommunen und Land suchen nach einer Lösung. Das wird teuer.
Im Ringen um eine Lösung für den Musikschulunterricht nach einem Urteil zu Honorarkräften hat die Landesregierung einen Aufschub erreicht. „Wir konnten in einem ersten Schritt mit der Deutschen Rentenversicherung ein Moratorium erreichen, das zunächst bis Mitte Oktober reicht“, erklärte Kulturministerin Bettina Martin (SPD) am Donnerstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
„Somit können erst einmal alle in die Sommerferien gehen ohne Sorge um den Start ins neue Schuljahr im September“, erläuterte Martin. „Die Zwischenzeit wird nun genutzt werden, um tragfähige, langfristige Lösungen zu erarbeiten.“
Scheinselbstständigkeit an Musikschulen
In dem Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2022 (Az.: I ZR 107/22) geht es um die Verhinderung von Scheinselbstständigkeit und um die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen. Der konkrete Fall betraf eine Musikschullehrerin in Herrenberg (Baden-Württemberg), die in den Räumen der örtlichen Musikschule als Honorarkraft unterrichtete und in den Ablauf der Musikschule eingebunden war.
Die Gerichte sahen darin einen Fall von Scheinselbstständigkeit. Viele Musikschulen beschäftigen Honorarkräfte auf diese Weise.
Brandbrief an Landtagsabgeordnete
Der Landesverband der Musikschulen in MV schrieb am Dienstag einen Brandbrief an die Abgeordneten des Landtags und bat um Hilfe. Das Urteil verpflichte alle Träger der Musikschulen, Lehrkräfte grundsätzlich sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen. „Dies führt zu unvorhergesehenen enormen Mehrausgaben, auf welche die Kommunen in ihrer Haushaltsplanung nicht vorbereitet sind“, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Nach Darstellung des Verbandes ist ein Drittel des gesamten Angebots an den Musikschulen in Gefahr und es drohten höhere Elternbeiträge. Der Verband vertritt die 15 staatlich anerkannten Musikschulen in MV.
Am Donnerstag wollte die CDU das Thema per Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung der Landtagssitzung setzen, scheiterte aber am Widerstand des rot-roten Regierungslagers.
Feste Stellen und höhere Zuschüsse in Rostock
Die Hansestadt Rostock hat in Reaktion auf das Herrenberg-Urteil bereits 2023 die Zuwendung an die freie Musikschule Carl Orff von 360.000 auf 394.000 Euro erhöht, wie ein Stadtsprecher mitteilte. Für dieses Jahr wurden demnach 510.000 Euro bewilligt.
„Diese Steigerungen sind für den Bereich der Förderung der freien Kultur außerordentlich hoch“, so der Sprecher. „Wir erachten es als dringend geboten, dass sich das Land Mecklenburg-Vorpommern mehr als bisher in die Finanzierung einbringt.“ Am städtischen Konservatorium seien zehn zusätzliche Stellen für zunächst zwei Jahre eingerichtet worden. Die meisten Stunden von freien Mitarbeitern seien so in hauptamtliche Mitarbeiterstunden umgewandelt worden.
Wie der Stadtsprecher weiter sagte, sind von dem Urteil gegebenenfalls auch Lehrkräfte an Volkshochschulen, in der beruflichen Bildung und im Sport betroffen. Momentan sei nicht abschließend zu beurteilen, wie die Deutsche Rentenversicherung die Thematik handhaben werde, sagte er.