Die Mehrheit der Deutschen ist dafür, die Vermögenssteuer wieder einzuführen. Sogar Wähler von CDU/CSU wollen, dass Reiche mehr beitragen. Woran scheitert das?
Es gibt sie in Frankreich, Spanien und sogar in der Schweiz: eine Steuer aufs Vermögen. In Deutschland dagegen wird sie seit 1997 nicht mehr erhoben. Mehrfach sind SPD, Grüne und Linke mit der Forderung nach einer höheren Besteuerung von Millionären und Milliardären in den Wahlkampf gezogen. Geworden ist aus den Plänen aber nichts. Dabei könnte eine Vermögenssteuer in Zeiten großer Haushaltslöcher und steigender Ungleichheit durchaus einen nennenswerten Beitrag leisten. Je nach Konzept wäre ein hoher einstelliger oder sogar zweistellige Milliardenbetrag als Einnahme möglich.
Eine Vermögenssteuer findet breite Unterstützung
Während die Deutschen beim Thema Erbschaftssteuer häufig sehr ablehnend reagieren, ist eine Mehrheit durchaus für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer aus. Wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag des stern ergab, fänden 62 Prozent der Bundesbürger die Erhebung einer Abgabe auf Vermögen über einer Million Euro bei Privatpersonen und Unternehmern sinnvoll. 34 Prozent halten von der Idee nichts, vier Prozent äußern keine Meinung. Umfrage Grafik 1
Erstaunlich sind die Ergebnisse nach Parteipräferenz. Wenig überraschend sprechen sich die Wähler von Grünen (84 Prozent), SPD (79 Prozent) und des Bündnisses Sahra Wagenknecht (58 Prozent) mehrheitlich für eine Vermögenssteuer aus. Aber auch die Anhänger von CDU/CSU sind zu 55 Prozent dafür – obwohl sich die beiden Parteien seit Jahren klar gegen eine stärke Belastung von Reichen und Superreichen positionieren.
Dagegen sind die Wähler zweier Parteien
Gegen eine Vermögenssteuer positionieren sich die Wähler der FDP (78 Prozent) und der AfD (62 Prozent). AfD-Anhänger sind eigentlich nicht überdurchschnittlich wohlhabend. Dass sie die Forderung ablehnen, könnte daran liegen, dass sie traditionell von linken Parteien erhoben wird oder die Skepsis gegen Eingriffe des Staates generell hoch ist. Umfrage Grafik 2
In Ostdeutschland ist die Unterstützung für eine Vermögensteuer mit 66 Prozent etwas höher in Westdeutschland. Bei den Altersgruppen fällt auf, dass die Zustimmung vor allem bei denen besonders groß ist, die über 60 Jahre alt sind. Sie sind zu 67 Prozent für höhere Abgaben für Wohlhabende, obwohl sie selbst überdurchschnittlich oft dazu gehören dürften.
STERN PAID 24_22 Kommentar Steuersenkungen Der große Irrtum 14.53
Widerstand gegen eine höhere Belastung des Vermögens gibt es vor allem bei den Selbstständigen. Sie lehnen eine neue Steuer zu 54 Prozent ab. Hintergrund dürfte sein, dass neben dem Immobilienvermögen vor allem Unternehmensbeteiligungen zu den hohen Vermögenswerten gehören, die von einer neuen Steuer betroffen wären.
Die Liste der reichsten Deutschen wird regelmäßig von Unternehmern oder ihren Erben angeführt – etwa der BMW-Großaktionärin Susanne Klatten. Entsprechend hart bekämpft die Lobby der Familienunternehmen Pläne für eine höhere Besteuerung. Vermögenssteuern würden am Ende von den Unternehmen getragen werden müssen, deren Steuerbelastung im internationalen Vergleich sowieso schon hoch sei. Diese Argumente haben sich bisher vor allem CDU/CSU zu eigen gemacht. Ohne die Zustimmung der Bundesländer im Bundesrat wäre eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer nicht möglich. Die Länder würden allerdings auch von den Einnahmen profitieren – denn sie stünden allen ihnen zu.
Die Daten wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa für den stern und RTL Deutschland am 4. Und 5. Juli 2024 telefonisch erhoben. Datenbasis: 1008 Befragte. Damit ist die Umfrage repräsentativ. Statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte