Nationalmannschaft: Das EM-Zeugnis der DFB-Spieler: Zukunfts-Trumpf „Wusiala“

Im DFB-Team gibt es mehr EM-Gewinner als Verlierer. Zwei Jungstars stechen heraus. Müllers Zeit ist vorbei. Und Sané liefert wieder keinen Turniermoment. Nagelsmann lobt auch die Minutenmänner.

Der größte Trumpf der Fußball-Nationalmannschaft mit dem neuen Fixpunkt Weltmeisterschaft 2026 heißt „Wusiala“. Die Jungstars Jamal Musiala und Florian Wirtz gehören zu den größten Gewinnern im Kader bei der Heim-EM. Julian Nagelsmann setzte in den fünf Partien bis zum Viertelfinal-Aus gegen Spanien 23 Akteure ein. 

Robin Koch blieb – ebenso wie die Ersatztorhüter Marc-André ter Stegen und Oliver Baumann – als einziger Feldspieler ohne Einsatzminute. Der Bundestrainer sprach in seinem Turnierfazit am Wochenende von einem guten personellen Stock für die Zukunft

Das EM-Zeugnis der DFB-Kicker nach den verschiedenen Rollenprofilen:

Die Stammkräfte

Jamal Musiala: Der Beste im deutschen Team. Drei Tore, immer eine Augenweide am Ball, bejubelt von den Fans. Der Bayern-Profi war auf dem Weg zum möglichen Topstar des Turniers. Die Spanier bremsten ihn aus, notfalls auch mal mit Ringkampf-Einlagen. 

Florian Wirtz: Der 21-Jährige schoss das erste deutsche Turniertor beim 5:1 gegen Schottland – und auch das Letzte im Viertelfinale. Der Leverkusener Wirbelwind hing kurzzeitig etwas durch. Gegen Spanien der Game-Changer nach der Einwechslung. 

Joshua Kimmich: Nagelsmann wollte ihn als Rechtsverteidiger. Kimmich absolvierte die kompletten 480 Turnierminuten. Ein Aktivposten. Seine beste Leistung bot der 29-Jährige gegen Spanien, unter anderem auch mit der Kopfballablage auf Torschütze Wirtz. 

Antonio Rüdiger: Der Abwehrchef und emotionale Leader. Der 31-Jährige von Real Madrid spielte sein bestes Turnier. Feierte teilweise Abwehraktionen wie Stürmer ihr Tore. Eigentor gegen Schottland. Und Spaniens Merino erlaubte er den Kopfball-K.o. zum 1:2.

Ilkay Gündogan: Der 33-Jährige ging von Skepsis begleitet in sein erstes Turnier als Kapitän. Die räumte er aber gegen Schottland und besonders beim 2:0 gegen Ungarn schnell aus. Der leise Anführer war mit seiner Erfahrung ein guter Organisator der Offensive.

Manuel Neuer: Deutschlands Rekordtorhüter startete begleitet von berechtigten Zweifeln in sein achtes Turnier als Nummer eins. War im Ernstfall dann ein Rückhalt. Mehrere wichtige Paraden, vier unverschuldete Gegentore. Trotzdem dürfte jetzt ter Stegens Zeit kommen.

Jonathan Tah: Der Spätentwickler bestritt im reifen Alter von 28 Jahren mit dem Leverkusener Meisterschub seine ersten Turnierspiele. Er hat sich den Stammplatz neben Rüdiger hart erarbeitet. Im Achtelfinale gegen Dänemark musste er gesperrt zusehen.

Toni Kroos: Der Königliche. Sein DFB-Comeback war ein Schlüssel in Nagelsmanns Rollenspielen. Startete als fehlerfreie Passmaschine in die EM, konnte das Niveau danach nicht halten. 120 Minuten gegen Spanien waren zu viel. Ab sofort im Fußball-Ruhestand. 

Robert Andrich: Der Mann fürs Grobe im Mittelfeld. Der Leverkusener war die passende Ergänzung zu Stratege Kroos. Seine Körperlichkeit und Zweikampfstärke waren wertvoll. Fiel auch mit besonderen Haarfärbungen auf. 

Kai Havertz: Vom Elfmeterpunkt verwandelte er zweimal cool. Aber sonst: Der Arsenal-Profi ließ zu viele Chancen liegen, gerade auch gegen Spanien. Als spielender Neuner passt er zu Musiala oder Wirtz. Die Erfolgsquote im Abschluss muss er aber dringend verbessern.

Maximilian Mittelstädt: Nagelsmanns Überraschungslösung auf der Problemposition links hinten startete gut ins Turnier. Der Stuttgarter schwächelte dann, kam aber gegen Spanien nochmal als Einwechselspieler zurück. Hat sich nach acht Länderspielen etabliert. 

Die Herausforderer 

Niclas Füllkrug: Der Top-Joker und Fan-Liebling. Der Mittelstürmer mit der markanten Zahnlücke ist schon als Typ ein Gewinn. Sein zweites Turniertor gegen die Schweiz führte zu einer Gefühlsexplosion. Gegen Spanien ohne Abschlussglück, Pfostentreffer statt rein.

Nico Schlotterbeck: Gegen die Schweiz bekam der Dortmunder 30 Rhythmus-Minuten. Als er dann den gesperrten Tah im Achtelfinale gegen Dänemark ersetzen muss, machte er einen tollen Job im Abwehrzentrum. Pech: Sein Kopfballtor kassierte der VAR.

David Raum: Als Mittelstädt nachließ und seine Flankenstärke wichtig wurde, war der Leipziger zur Stelle. Seine Vorlage verwertet Füllkrug gegen die Schweiz zum 1:1. Danach im Team, aber gegen Spaniens Jungstar Jamine Yamal sah er vorm 0:1 nicht gut aus. 

Emre Can: Nachnominiert für den jungen Münchner Aleksandar Pavlovic und dann viermal auf dem Platz. Mit dem Joker-Tor gegen Schottland ging es für den BVB-Kapitän super los. Nagelsmanns Plan mit ihm in der Startelf gegen Spanien aber ging nicht auf. 

Pascal Groß: Der Mann aus Brighton war der Back-up für Kroos. Kam am Ende nur auf 45 Einsatzminuten im EM-Eröffnungsspiel, als Andrich gelb-vorbelastet war. Der 33-Jährige hatte sich beim Turnierdebüt mehr erwartet. Kroos hört auf. Ab sofort mehr Groß? 

Waldemar Anton: Der Stuttgarter Abwehrchef musste lange auf sein Turnierdebüt warten. Drei Minuten gegen Dänemark, immerhin 30 in der Verlängerung gegen Spanien. Er wird aber im September zur Nations League wiederkommen. 

Thomas Müller: Auf dem Platz war der Turnierveteran nur noch eine Randfigur. 17 Minuten gegen Schottland, 41 gegen Spanien. Auch bei der vierten EM-Teilnahme torlos. Nach 131 Länderspielen rechnet er selbst mit dem Ende im Nationaltrikot. 

Leroy Sané: Auf seinen Turniermoment warteten die Fans vergebens. Und Nagelsmann hoffte vergebens auf den Münchner, der nicht fit ins Turnier ging und dessen Startelf-Nominierungen gegen Dänemark und Spanien erfolglos verpufften.

Die Minuten-Männer

Der Stuttgarter Flügelstürmer Chris Führich hätte sich mehr erhofft als 19 Minuten gegen Ungarn, ebenso Vereinskollege Deniz Undav mit sieben Minuten im selben Spiel. Auch Hoffenheims Youngster Maximilian Beier und Benjamin Henrichs kamen nur einmal rein. Nagelsmann lobte die Bankdrücker dennoch: „Sie haben die Gruppe auch getragen.“