Im Iran hat der reformorientierte Kandidat Massud Peseschkian die Stichwahl um das Präsidentenamt gewonnen. Der Befürworter besserer Beziehungen zum Westen erhielt nach Angaben der Wahlbehörde mehr als 16 Millionen Stimmen und damit rund 54 Prozent. Sein ultrakonservativer Gegenkandidat Said Dschalili kam auf gut 13 Millionen Stimmen. Peseschkian erklärte nach seinem Sieg, die Wahl sei der Beginn einer „Partnerschaft“ mit dem iranischen Volk.
„Der schwierige Weg, der vor uns liegt, wird nur durch Ihre Begleitung, Ihrem Einfühlungsvermögen und Vertrauen zu bewältigen sein“, schrieb der 69-jährige Wahlsieger im Onlinedienst X. „Ich reiche Ihnen meine Hand.“
Die Beteiligung an der Stichwahl lag laut Wahlbehörde bei 49,8 Prozent. Vor dem Urnengang am Freitag hatte das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, noch die rund 61 Millionen Wahlberechtigten dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Zuvor war die Beteiligung bei der ersten Runde mit 40 Prozent historisch niedrig. Chamenei wertete dies jedoch entgegen der Meinung von Beobachtern ausdrücklich nicht als Akt „gegen das System“.
In der ersten Runde der Wahl war Peseschkian der einzige moderat Konservative unter den vier Kandidaten, die zuvor vom ultrakonservativen Wächterrat zugelassen worden waren. Mit dem Sieg des ehemaligen Herzchirurgen können Reformer erstmals seit Jahren wieder auf politische Kursänderungen hoffen. Allrdings liegt die eigentliche politische Macht im Iran beim geistigen Führer und damit bei Chamenei.
Peseschkian, der seit 2008 im Parlament saß und unter dem moderaten Präsidenten Mohammed Chatami Gesundheitsminister war, sprach sich für „konstruktive Beziehungen“ zum Westen aus und für eine Wiederbelebung des Atomabkommens mit westlichen Staaten, das die USA 2018 einseitig aufgekündigt hatten.
Der Iran solle so „aus der Isolation“ geholt werden, warb der Reformer für seinen Kurs. Zudem solle der Iran auf die Aufhebung der Sanktionen des Westens hinwirken. „Wenn wir es schaffen, dass die Sanktionen aufgehoben werden, werden die Menschen ein einfacheres Leben haben, während die Fortführung der Sanktionen den Menschen das Leben schwer macht“, sagte er bei einem Fernsehinterview.
Die iranische Wirtschaft leidet unter den internationalen Sanktionen. Die Unzufriedenheit im Land ist groß. Hinzu kommen regionale Spannungen wie der Krieg im Gazastreifen.
Peseschkian sprach sich zudem für eine Lockerung der Internet-Beschränkungen im Land aus. Er erklärte zudem, er sei gegen die Polizeikontrollen zur Kopftuchpflicht für Frauen und sprach sich gegen die Anwendung von Gewalt bei den Kontrollen aus. Bereits zuvor hatte er das Vorgehen der Behörden während der landesweiten Massenproteste kritisiert, die durch den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini im September 2022 nach ihrer Festnahme wegen angeblicher Verstöße gegen die strengen muslimischen Kleidervorschriften ausgebrochen waren.
Trotz der Wahl Peseschkians machen sich die USA keine großen Hoffnungen auf eine Verbesserung der Beziehungen, wie Außenamtssprecher Vedant Patel erklärte. Washington gehe nicht davon aus, dass es zu einem „fundamentalen Wandel“ in der iranischen Politik komme oder dass das „iranische Regime die Menschenrechte und Würde seiner Bürger mehr respektiert“.
Der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte Peseschkian zum Sieg. „Ich hoffe, dass Ihre Haltung als Präsident zur Stärkung der konstruktiven bilateralen Zusammenarbeite zwischen unseren befreundeten Völkern beitragen wird“, teilte er Peseschkian den Angaben des Kreml zufolge mit. Beide Länder könnten ihre „Bemühungen zur konstruktiven Lösung internationaler Themen“ koordinieren, fügte Putin hinzu.
Glückwünsche kamen auch aus Saudi-Arabien. „Wir gratulieren Ihnen herzlich und wünschen Ihnen viel Erfolg und alles Gute, in der Hoffnung, die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern und unseren beiden brüderlichen Völkern weiter auszubauen“, schrieb König Salman laut der amtlichen Nachrichtenagentur SPA in seiner Grußbotschaft an Peseschkian. Der Iran bemüht sich seit längerem, die Beziehungen zu den arabischen Staaten in der Region nach jahrzehntelangen Spannungen zu verbessern.
Die Präsidentschaftswahl im Iran war ursprünglich erst für 2025 geplant gewesen. Sie wurde aber nach dem Tod von Amtsinhaber Ebrahim Raisi am 19. Mai bei einem Hubschrauberabsturz vorgezogen.