Die Bundesregierung will das Wirtschaftswachstum mit einem „Konjunkturpaket“ ankurbeln. Vorgesehen sind darin etwa Steuervorteile für Unternehmen, Anreize für das Arbeiten im Alter und Maßnahmen zum Bürokratieabbau. Die FDP hat sich auch mit einer Aufweichung des Lieferkettengesetzes durchgesetzt. Wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Freitag sagte, würde die Wirtschaftsleistung nach ersten Berechnungen um fast 26 Milliarden Euro steigen. Aus der Wirtschaft kamen überwiegend vorsichtig positive Reaktionen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hob die langfristige Senkung der Stromsteuer auf das in der EU zulässige Minimum hervor. Auch werde die sogenannte Strompreiskompensation, von der besonders energieintensive Wirtschaftsbereiche profitieren, bis 2030 verlängert. „Beides sorgt für Milliardenentlastung für die deutsche Wirtschaft“, sagte Scholz.
Unternehmen profitieren demnach auch von einer Verlängerung der sogenannten degressiven Abschreibung bis 2028. „Investitionen können also schneller steuerlich geltend gemacht werden“, sagte der Bundeskanzler. Wirtschaftsminister Habeck hob zudem eine Sonderausschreibung für E-Autos hervor. Er erhoffe sich davon einen „Impuls“ für die Autoindustrie. „Das kann das Klima gut gebrauchen, das kann die deutsche Automobilwirtschaft gut gebrauchen.“
Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian, begrüßte die Ausweitung der Abschreibungsmöglichkeiten und die Initiative als Ganzes. Bei den Energiepreisen griffen die Ampelbeschlüsse aber zu kurz, erklärte er. „Die Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft bei den Energiepreisen bleiben daher eine große Investitionsbremse.“
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zufolge wird der Fachkräftemangel etwa mit Steueranreizen für ausländische Fachkräfte angegangen. In den ersten drei Jahren ihrer Tätigkeit in Deutschland erhalten sie einen Steuerrabatt von zunächst 30, dann 20, dann zehn Prozent, wie er ausführte. Außerdem soll es Asylbewerbern erleichtert werden, eine Arbeit aufzunehmen.
Experten wie die Wirtschaftsweise Veronika Grimm und der Ökonom Sebastian Dullien von der Hans-Böckler-Stiftung begrüßten diese Ankündigungen. „Generell sollte man es für Zugewanderte erleichtern, eine Arbeit aufzunehmen“, sagte Grimm der „Augsburger Allgemeinen“.
Dirk Jandura vom Außenhandelsverband sprach von einem „mutigen Schritt“. Kritik kam hingegen von der AfD: Steuerrabatte für Ausländer seien „ein Schlag ins Gesicht der fleißigen deutschen Arbeitnehmer“, erklärte der Bundestagsabgeordnete Leif-Erik Holm.
Lindner stellte des Weiteren Anreize zur Mehrarbeit in Aussicht. So sollen Arbeitnehmer, die über das gesetzliche Rentenalter hinaus arbeiten, den Arbeitgeberanteil für die Rentenversicherung erhalten – „also ein ganz deutlicher Anreiz, länger zu arbeiten“, sagte der Finanzminister. Auch Überstunden sollen demnach steuer- und beitragsfrei vergütet werden können. Der Verband der Familienunternehmer mahnte, dass an dieser Stelle neue Bürokratie oder alternativ Missbrauchsanfälligkeit drohten.
Auch von Änderungen beim umstrittenen Lieferkettengesetz erhofft sich die „Ampel“ wirtschaftliche Impulse. Zwei Drittel der Unternehmen würden künftig nicht mehr unter die deutschen Vorschriften zur Achtung auf Menschenrechts- und Umweltverstöße entlang ihrer Lieferkette fallen, sagte Lindner. Auch werde die Umsetzung des europäischen Lieferkettengesetzes so weit wie möglich hinausgezögert. Applaus dafür kam etwa vom Einzelhandelsverband HDE.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger begrüßte die Haushaltseinigung und das Wirtschaftspaket als „Lebenszeichen der Koalition“. Es seien auch richtige Prioritäten erkennbar. Doch „Ankündigungen sind keine Gesetze“, und die Vorlage des Pakets kurz vor Beginn der Sommerpause spreche „nicht für eine rasche Umsetzung“. Ähnlich äußerte sich auch Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie.