Im Jahr 2023 erlebte die Welt einen Rekord bei den CO2-Emissionen. Es mehren sich die Anzeichen, dass es der Höchstand beim CO2-Ausstoß schon erreicht ist. Was hat China damit zu tun?
2023 war – mit Blick auf den Klimawandel – kein gutes Jahr. Es war weltweit das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, die durchschnittlichen Temperaturen lagen um die 1,5 Grad über den Werten des vorindustriellen Zeitalters. Die globalen CO2-Emissionen erreichten mit 37,4 Milliarden Tonnen einen neuen Rekord.
Das ist der Stand. Dahinter allerdings verbirgt sich eine andere Entwicklung, über die derzeit unter vielen Klima-Experten sehr angeregt diskutiert wird. Denn je nachdem was sich in diesem und dem kommenden Jahr tut, könnte 2023 eines der letzten Jahre gewesen sein, in dem der globale CO2-Ausstoß gestiegen ist. Wenn nicht sogar das letzte. Immer häufiger ist vom „Peak“ die Rede, also davon, dass die Kohlendioxidemissionen schon bald den Scheitelpunkt überschritten haben könnten. „Es gibt eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die Emissionen 2024 beginnen zurückzugehen“, heißt es in einem Bericht der Klimaforschungsorganisation Climate Analytics. Andere sind noch vorsichtiger, aber fast alle sind sich einig, dass der Punkt bald kommen wird. Im Grunde geht es nur noch um die Frage wie bald.
Dafür gibt es mehrere entscheidende Gründe. In den großen traditionellen Industrieregionen Europa, Nordamerika und Japan sinkt der Ausstoß von CO2 bereits seit Jahren, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität. Wirtschaftswachstum und Emissionen haben sich in diesen Teilen der Welt voneinander entkoppelt. Dabei spielen nicht nur politische Vorgaben eine Rolle, es gibt auch Effizienzgewinne bei Maschinen und Geräten. „Die entwickelten Volkswirtschaften haben 2023 einen Rekordrückgang bei den CO2-Emissionen erlebt – und das obwohl ihr Bruttoinlandsprodukt gestiegen ist“, heißt es in einer Analyse der Internationalen Energieagentur.
Ausbau Erneuerbarer Energien senkt die CO2-Emissionen
Der zweite Grund ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien weltweit. Wie der Energie-Thinktank Ember in seinem jüngsten Jahresbericht feststellt, machten Solar-, Wind- und Wasserkraft im vergangenen Jahr bereits einen Anteil von 30 Prozent an der weltweiten Stromproduktion aus. Ein Rekord – mit stark steigender Tendenz. Es ist eine Entwicklung, die sich auch in Deutschland nachvollziehen lässt: Im ersten Halbjahr 2024 lieferten die Erneuerbaren fast 60 Prozent des deutschen Stroms.
Das führt dazu, dass zumindest bei den Emissionen aus der Stromproduktion der Gipfel allem Anschein nach bereits erreicht ist. „2023 war wahrscheinlich der Wendepunkt, der Peak bei den Emissionen im Strombereich“, schreiben die Autoren von Ember. Der Aufbau der nicht-fossilen Stromproduktion verläuft dabei in einem atemberaubenden Tempo. Allein im Jahr 2023 stiegen die Kapazitäten bei den Erneuerbaren Energien um 40 Prozent, wie das norwegische Energieberatungsunternehmen Rystad Energy errechnete. Wichtigster Treiber: die Solarindustrie, die von einem beispiellosen Preisverfall bei Solarmodulen aus China profitierte.
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China erreicht seine Ziele
Und damit kommt der dritte Punkt ins Spiel: China. Es gibt kein Land, das derzeit so viel CO2 ausstößt, aber es gibt auch kein Land, das in einem solchen Tempo seine Erneuerbaren Energien ausbaut. Im Jahr 2023 baute das Land mehr an Solaranlagen zu als in jedem anderen Land überhaupt installiert waren. Der Anteil der Erneuerbaren an der Stromproduktion stieg innerhalb der vergangenen zehn Jahre um zehn Prozentpunkte.
Es ist dieser Faktor, der nun bald den Unterschied ausmachen könnte. China hatte sich ursprünglich zum Ziel gesetzt, den Gipfel der CO2-Emissionen im Jahr 2030 zu erreichen. Nun könnte dieser Punkt schon einige Jahre früher erreicht werden. Die ersten Monate des Jahres 2024 weisen bereits darauf hin. Während die Stromproduktion aus Sonne und Wasserkraft zweistellig zunahm, ging die aus fossilen Quellen fast um fünf Prozent zurück – ein Gezeitenwechsel.
Während die Emissionen in den etablierten Industrienationen sinken und China sich bald anschließen könnte, bleibt ein Unsicherheitsfaktor Indien – das inzwischen bevölkerungsreichste Land der Erde. Zwar steigt auch hier die Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen, aber zugleich nimmt auch der Anteil der Kohleverstromung zu, und damit der CO2-intensivsten Form der Stromerzeugung. Wie schnell die globalen Emissionen sinken – es könnte auch davon abhängen, wie rasch Indien seine Solar- und Windanlagen ausbaut.