Der türkische Abwehrspieler Merih Demiral zeigt als Torjubel den Wolfsgruß – am Jahrestag des Massakers von Sivas. Die Uefa muss ihn dafür sperren, findet unser Autor.
Fußball war noch nie unpolitisch – das soll und kann er auch gar nicht sein. Doch wenn ein Spieler wie der türkische Verteidiger Merih Demiral mitten auf dem Platz den Wolfsgruß als Jubelgeste zeigt, hat das nichts mehr mit einer normalen politischen Meinungsäußerung zu tun. Der Geste ist tief eingebettet im türkischen Faschismus. Und der ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Die Uefa muss jetzt zeigen, dass sie sich von Ultranationalisten, Faschisten, Menschenfeinden nicht vorführen lässt. Demiral darf bei dieser EM kein Spiel mehr bestreiten, alles andere wäre ein Schlag ins Gesicht aller Minderheiten, die von den Grauen Wölfen und ihren Anhängern seit Jahrzehnten unterdrückt, schikaniert und ermordet werden.
Wolfsgruß am Jahrestag des Sivas-Massakers: Naiv, wer an Zufälle glaubt
Dass Demiral ausgerechnet am 31. Jahrestag des Massakers von Sivas mit dem Wolfsgruß jubelte, ist an Perversion kaum zu überbieten. Am 2. Juli 1993 griffen tausende Ultranationalisten, darunter auch Mitglieder der Grauen Wölfe, ein Hotel in der türkischen Stadt Sivas mit Brandsätzen an, in dem sich Teilnehmer eines alevitischen Literaturfestivals aufhielten. Bei dem Pogrom starben 35 Menschen. Es ist naiv zu glauben, dass der Jubel von Demiral an diesem Jahrestag Zufall war. Wolfsgruß Türkeispiel 10.30
Mit der Geste normalisiert, ja goutiert er die Unterdrückung von Minderheiten, die nicht in das Weltbild der türkischen Faschisten passt: Juden, Christen, Aleviten, Kurden, Armenier, queere Menschen. Sie alle sind nach Ansicht der Grauen Wölfe minderwertig. Das darf sich die Uefa nicht gefallen lassen. Vor allem nicht, weil Demiral im Anschluss keinerlei Reue zeigt – und sogar sagt, er hoffe, noch öfter so jubeln zu können.
Wenn man bedenkt, dass der Verband eine nicht eindeutige Geste Richtung Schritt von Jude Bellingham untersucht, darf man als Zuschauer dieses Turniers erwarten, dass er auch bei Demiral reagiert.
Toleranz muss da aufhören, wo Intoleranz beginnt
Die Toleranz muss da aufhören, wo die Intoleranz beginnt. Der türkische Verteidiger hat mit seinem Auftritt diese Grenze überschritten. Jede weitere Minute auf dem Feld bei dieser EM wäre ein Tanz auf den Gräbern derjenigen, die Opfer dieser Ideologie wurden. Die Uefa muss ihn sperren – mindestens für den Rest des Turniers.
Für Menschenfeindlichkeit, Faschismus, Rechtsextremismus ist kein Platz. Nicht bei dieser Europameisterschaft, nicht im Fußball und nicht in diesem Land.