Mindesttempo für Internet: Recht auf schnelles Internet soll mehr Bürgern etwas bringen

Überall in Deutschland muss das Festnetz-Internet einigermaßen gut sein, Betonung auf „einigermaßen“. Staatliche Regeln enthalten dafür Mindestvorgaben, die Verbraucherschützer für zu lasch halten.

Der Rechtsanspruch auf schnelles Internet wird aller Voraussicht nach verschärft, damit sich mehr Bürgerinnen und Bürgern auf ihn berufen können. Heute steht ein Votum im Bundestagsausschuss für Digitales an. Im Dezember könnten die neuen Regeln in Kraft treten. Ein Überblick über das Thema. 

Wo liegt das Grundproblem?

Woche für Woche verkünden Internetanbieter Fortschritte beim Netzausbau, immer mehr Haushalte können Glasfaser-Verträge buchen, also „Fiber to the Home“ (FTTH). Ein Download-Speed von 1000 Megabit pro Sekunde oder sogar noch mehr ist möglich, auch der Upload ist sehr gut. Separat hierzu bietet das etwas schwächere Fernsehkabel-Internet drei- bis vierstellige Bandbreiten. 

Der Haken daran: Das Internet ist in der Regel dort gut, wo viele Menschen wohnen. Auch dünn besiedelte Gebiete können dank staatlicher Förderung gut dastehen, andere Gegenden schauen hingegen in die Röhre – während das Internet für den Großteil der Bevölkerung immer besser wird, werden einige Orte abgehängt. 1,8 Millionen Adressen in Deutschland bekommen derzeit laut Bundesnetzagentur im Festnetz weniger als 10 Megabit pro Sekunde im Download – oder sie sind komplett offline. 

Wie lautet die bisherige Lösung?

Damit das Stadt-Land-Gefälle bei der Netzversorgung nicht noch steiler wird, gilt seit Ende 2021 ein sogenanntes Recht auf schnelles Internet. Hierzu legte die Bundesnetzagentur im Frühjahr 2022 ein Minimum fest: 10 Megabit pro Sekunde im Download und 1,7 Megabit pro Sekunde im Upload muss es überall mindestens geben. Die Latenz – also die beispielsweise für Online-Games wichtige Reaktionszeit – muss 150 Millisekunden oder weniger betragen. 

Wer schlechter wegkommt, kann sich bei der Bundesnetzagentur melden und einen besseren Anschluss erzwingen. Es soll „eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe“ im Digitalzeitalter ermöglicht werden, wie es in einer Verordnung heißt. Verschlüsselte Kommunikation über einen VPN-Tunnel oder Videokonferenzen im Homeoffice sollen in allen deutschen Haushalten möglich sein.

Woran hapert es?

Was sich auf dem Papier vielversprechend liest, ist mit Blick auf die Praxis ernüchternd. Nach Auskunft der Bundesnetzagentur erreichten sie seit 2022 insgesamt etwa 5500 Eingaben von Bürgern, die von dem Rechtsanspruch Gebrauch machen wollten. 

Doch häufig fielen die Antragsteller durchs Raster. Bei ihnen stellte sich nach technischen Messungen heraus, dass ihr Anschluss nicht so schlecht war wie gedacht – sie fühlten sich unterversorgt, waren es aber nicht. Manch Antragsteller bekam auch eine gute Nachricht: Bei ihm sollte ohnehin ausgebaut werden, davon hatte er nur noch nichts gewusst. 

Nur in circa 30 Fällen erfolgte die „Unterversorgungsfeststellung“ – das ist die Voraussetzung dafür, dass die Behörde einen Internetanbieter zu einem besseren Anschluss beim Verbraucher verdonnern kann. Dies wiederum tat die Bundesnetzagentur bislang nach eigenen Angaben nur vier mal. 

Was wird nun verbessert?

Die Mindestvorgaben sollen steigen, beim Download von 10 auf 15 Megabit pro Sekunde und beim Upload von 1,7 auf 5 Megabit. Einem entsprechenden Vorschlag der Bundesnetzagentur wird der Digitalausschuss des Bundestags am Mittwoch wohl zustimmen. Der bessere Upload dürfte wesentlich dabei helfen, Videokonferenzen schadlos zu überstehen. Dank der neuen Werte könnten künftig 2,2 Millionen Adressen und damit 0,4 Millionen mehr als unterversorgt gelten. Bei der Latenz bleibt es bei 150 Millisekunden.

Außerdem pochen die Ampelfraktionen im Digitalausschuss darauf, die Nutzung des Rechtsanspruchs für die Bürger zu vereinfachen. Zudem solle die Bundesnetzagentur zusätzlich zum Kontaktformular im Internet eine Broschüre erstellen, fordert die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner. „Ein Informationsangebot über das Recht auf Internet sollte in jedem Rathaus und Bürgeramt ausliegen, ganz analog und nah an den Bürgern – schließlich können die ohne Versorgung schlecht Internetformulare ausfüllen.“

Was sagen Verbraucherschützer dazu?

Verbraucherschützer halten die bisherigen Regeln für zu lasch. „Eine Erhöhung der Mindestbandbreite ist längst überfällig“, sagt Ramona Pop, die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, und fordert ein einfacheres und transparenteres Antragsprocedere. Sie weist darauf hin, dass es Fälle gebe, in denen die Bundesnetzagentur eine Unterversorgung festgestellt habe „und es passiert trotzdem nichts“. 

Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW hält die derzeit noch gültigen Regeln für wenig hilfreich. „Der Gesetzgeber muss an einigen Stellen nachbessern, damit alle Verbraucherinnen und Verbraucher eine ausreichende Verbindung zur digitalen Welt und damit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erhalten können.“ Die Anhebung der Werte sei ein Schritt in die richtige Richtung, er falle aber zu gering aus.