Viele Handwerksbetriebe suchen Fachkräfte – oder Gewerbeflächen. Der Senat kennt die Probleme. Die Wirtschaftssenatorin zitiert einen alten Spruch und fordert: „Ehret das Handwerk!“
Handwerksbetriebe in Berlin haben viele Probleme. Der Senat will helfen, einige davon zu lösen. Dazu hat er am Dienstag das „Aktionsprogramm 2024-2026“ beschlossen, wie Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) anschließend im Roten Rathaus bekanntgab. Sorgen gibt es im Handwerk mehr als genug: mangelndes Interesse bei Schulabgängern an einer Ausbildungsstelle, fehlende Fachkräfte, ein zu geringer Frauenanteil, zu wenig junge Meister oder Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Nachfolger. Der Aktionsplan umfasst 26 Einzelmaßnahmen, die solche Problemfelder betreffen und gemeinsam mit der Handwerkskammer entwickelt wurden.
Workshops für junge Frauen
So soll etwa bei der Berufsorientierung in den Schulen mehr auf Karrieremöglichkeiten im Handwerk aufmerksam gemacht werden. Schüler sollen mehr Möglichkeiten bekommen, in Schulwerkstätten handwerkliches Arbeiten kennenzulernen. Vorgesehen ist, die Aufnahme eines Dualen Studiums mit Handwerksbezug stärker zu fördern, Workshops für junge Frauen im Handwerk anzubieten und so deren Vernetzung zu erleichtern und mehr Angebote für bezahlbares Wohnen von Azubis im Handwerk zu ermöglichen. Geplant ist auch eine digitale Nachfolgebörse für das Handwerk.
Eine zentrale Frage sei, wie sicher sicherstellen lasse, dass Handwerksbetriebe genügend Fach- und Arbeitskräfte finden und genügend Nachwuchs, sagte Giffey. Für junge Leute sei das oft auch eine Imagefrage. „Es sind Berufe, in denen du richtig was draufhaben musst und auch richtig Kohle verdienen kannst“, sagte Giffey. Das werde von Jugendlichen zum Teil aber nicht so wahrgenommen.
„Ehret das Handwerk“
Dabei sei das Handwerk auch in Berlin mit rund 29.500 Betrieben, 182.000 Beschäftigten und gut 8.500 Azubis ein veritabler Wirtschaftsfaktor. Giffey forderte dazu auf, sich wieder auf den alten Spruch „Ehret das Handwerk“ zu besinnen.
Auch als Zeichen der Anerkennung ist deshalb geplant, für Meisterschüler im Handwerk einen Ausweis einzuführen, der beispielsweise Ermäßigungen in Museen, Theatern oder Schwimmbädern ermöglicht – ähnlich dem Studierendenausweis. Noch wichtiger: Junge Meister sollen ab 2024 nach bestandener Meisterprüfung einen Bonus von 5.000 Euro erhalten, Meisterinnen 6.000. Dafür seien in diesem Jahr 1,2 Millionen Euro eingeplant, im nächsten dann 2,2 Millionen.
Frauen bekommen höheren Bonus
Warum Frauen mehr bekommen? „Wir wollen einen zusätzlichen Anreiz schaffen, um ein ausgeglicheneres Verhältnis hinzubekommen“, sagte Giffey. Bisher gebe es deutlich mehr Männer, die sich für diese Weiterqualifizierung entschieden.
Das „Aktionsprogramm Handwerk“ ist nicht neu. Berliner Handwerk und Senat arbeiten seit Langem zusammen. Solche Vereinbarungen über Maßnahmen gab es bereits sechsmal, zuletzt mit 28 Maßnahmen für den Zeitraum von 2021 bis 2023 – zum Teil auch solche mit ähnlicher Stoßrichtung.
Skepsis bei den Grünen
Handwerkskammer-Präsidentin Carola Zarth teilte mit, Senat und Handwerkskammer hätten die 26 Maßnahmen entwickelt, um das Handwerk zu unterstützen und dessen nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Es solle nun in den kommenden zweieinhalb Jahren umgesetzt werden.
Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus zeigte sich skeptisch: „Das Aktionsprogramm Handwerk 2024-2026 klingt vielversprechend und setzt die richtigen Schwerpunkte“, so die Grünen-Abgeordnete Tonka Wojahn. „Doch wo viel draufsteht, muss auch viel drin sein. Entscheidend wird sein, ob die vom Senat angekündigten Maßnahmen auch finanziell abgesichert sind.“