„Reichsbürger“-Prozess: Mutmaßlicher Rädelsführer Reuß äußert sich weiter

Im Frankfurter „Reichsbürger“-Prozess hat sich der angeklagte Heinrich XIII. Prinz Reuß zu seinen familiären Verhältnissen geäußert. Dabei zeigt er sich emotional.

Im Prozess um die „Reichsbürger“-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß hat der angeklagte Prinz weitere Einblicke in sein Familienleben gegeben. Der 1951 in Büdingen geborene Angeklagte war das fünfte von sechs Geschwistern: „Grundsätzlich hat die Familie immer zusammengehalten, bis heute“, sagte er vor dem Oberlandesgericht Frankfurt während einer Befragung zu seinen persönlichen Verhältnissen. Mit seinem ältesten Bruder habe es allerdings einen Konflikt gegeben, nachdem dieser entgegen den Erwartungen nicht damit beauftragt worden sei, sich um die Restitutionen der alten Familienbesitztümer zu kümmern. 

Konkret sei es dabei um das Wiedererlangen von Grundstücken, Immobilien oder auch Kunstgegenständen in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung gegangen. Stattdessen sollte der Angeklagte selbst übernehmen. Reuß habe es nicht übers Herz gebracht, diesen Auftrag seines Vaters abzulehnen. 

Reuß wird erneut emotional

Der Prinz nahm gekleidet mit grünem Jackett und Einstecktuch im Zeugenstand Platz. Zuvor hatte er durch eine Glasscheibe seine Tochter sowie seine Ex-Frau im Zuschauerraum begrüßt. Bei der Beschreibung seiner familiären Situation brach die Stimme des Prinzen weg und er rang mit den Tränen. 

Seine Motivation für die Bemühungen, das Familienerbe wieder herzustellen rühre aus einem Versprechen gegenüber dem Vater her, erklärte er. Von Kindheit an sei der verlorene Familienbesitz einfach ein Bestandteil des Familienlebens gewesen. „Für uns Kinder war es emotional immer da.“ Wirtschaftlich habe sich das jahrzehntelange Bemühen mithilfe großer Kanzleien nicht gerechnet, dies sei einer „Horrorgeschichte“ gleichgekommen.

In den Befragungen geht es aktuell bisher nicht um die Anklagepunkte. Die Angeklagten sollen sich zunächst zu ihren persönlichen Verhältnissen, dem Lebenslauf und der finanziellen sowie familiären Situation äußern. 

In Frankfurt wird neun Beschuldigten vorgeworfen, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise diese unterstützt zu haben. Es soll ein bewaffneter Umsturz geplant gewesen sein. Dabei hätten die Angeklagten bewusst Tote in Kauf genommen, so die Anklage. Bis zum Urteil gilt für die Angeklagten die Unschuldsvermutung. Mit zwei weiteren Verfahren in München und Stuttgart müssen sich insgesamt 26 mutmaßliche Verschwörer in dem Komplex verantworten.

Laut Bundesanwaltschaft hatte die Gruppe Zugriff auf ein massives Waffenarsenal. Wiederholt wurde der Anklage zufolge militärisches Personal rekrutiert.

Mitangeklagte äußert sich

Am zwölften Verhandlungstag gibt auch die Angeklagte Johanna F.-J. Einblicke in ihr Leben. Die 53-Jährige zeichnet das Bild einer glücklichen Kindheit am Bodensee. Wie schon Prinz Reuß am vorangegangenen Prozesstag, erklärt auch sie, dass sie Gewalt ablehne, „das ist für mich eigentlich ein Zeichen der Schwäche.“ Sie sei kreativ und lebensfroh und habe – auch aufgrund verschiedener spiritueller Erlebnisse – einen nicht konfessionsgebundenen Glauben.

Angesprochen auf ihre Haltung zu den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, antwortet sie, „da sitzen wir morgen noch da“, denn da müsse sie ins Detail gehen. Sie sagte aber über sich selbst: „Ich bin keine Querdenkerin.“ 

Die geschiedene Mutter dreier Kinder arbeitete unter anderem im Coaching-Bereich. Sie engagierte sich nach eigenen Angaben während der Flutkatastrophe im Ahrtal und seit 2015 in der Flüchtlingshilfe. Dabei habe sie ihren neuen Partner aus Westafrika kennengelernt, mit dem sie inzwischen verlobt sei. Zudem war sie den Aussagen zufolge in der Basisdemokratischen Partei Deutschland aktiv, die nach Einschätzung von Beobachtern Überschneidungen mit der Querdenker-Bewegung aufweist.

Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt. Dann sollen der Angeklagte Hans-Joachim H. und – sofern es die Zeit zulässt – die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann eine Möglichkeit für Aussagen haben. Zudem hat der Anwalt von Reuß eine Erklärung zu den Einlassungen seines Mandanten angekündigt.