Die Linke in Brandenburg sieht sich vor der Landtagswahl unter neuem Druck durch das Bündnis Sahra Wagenknecht. Linke-Landeschef Walter kontert.
Brandenburgs Linke verschärft ihre Kritik am Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) knapp drei Monate vor der Landtagswahl. Linksfraktionschef Sebastian Walter warf dem BSW vor, einen Teil des Wahlprogramms kopiert zu haben. „Das BSW schrieb sein Programm fast vollständig von uns ab, jedenfalls zu den Herausforderungen in den Bereichen Wohnen und Mieten, Bildung, Gesundheitsversorgung“, sagte Walter der Deutschen Presse-Agentur. „Sie kopieren sogar unsere Volksinitiative. Offenbar fällt dem BSW zu Brandenburg selbst nicht viel ein.“ Er fügte hinzu: „Das BSW ist inhaltlich eine Enttäuschung, keine Offenbarung.“
Das Bündnis Sahra Wagenknecht wies den Vorwurf zurück. Das BSW hat sich das Programm der Linken nach Angaben von Landeschef Robert Crumbach nicht zum Vorbild genommen. „Da wir das Programm der Linken, einer Kleinstpartei, die es nicht mehr in den Landtag schafft, nicht gelesen haben, kann auch nichts abgeschrieben sein“, sagte Crumbach auf Anfrage. Er forderte Walter auf, „die Politik seiner Partei zu überdenken“.
Walter: Linke ist „in einer schweren Krise„
Die Linke steckt nach Verlusten bei der Europa- und Kommunalwahl sowie nach prominenten Austritten in einer schwierigen Lage. Bei der Europawahl am 9. Juni holte das BSW in Brandenburg 13,8 Prozent der Stimmen, die Linke 4,4 Prozent. Am 22. September wird ein neuer Landtag gewählt. Europa- und Landtagswahl sind allerdings nicht vergleichbar. Dazu kommt, dass die frühere Landtagsfraktionschefin Marlen Block und der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), René Wilke, wegen Unmuts aus der Linken austraten. Der OB nannte Migrationspolitik, den Umgang mit dem Ukraine-Krieg und die Balance von Wirtschafts- und Sozialpolitik als Gründe. Er bezog Walter nicht in die Kritik mit ein.
Der Linke-Landes- und Fraktionschef räumte eine komplizierte Situation ein. „Ich sehe natürlich, dass diese Partei in einer schweren Krise ist“, sagte Walter. Er fordert deshalb einen Kurswechsel der Bundespartei. „Wir müssen uns jetzt inhaltlich und personell schleunigst neu aufstellen“, sagte Walter. „Die Menschen müssen sehen, dass wir verstanden haben, dass wir aus Fehlern lernen.“ Die Linke regierte Brandenburg von 2009 bis 2019 gemeinsam mit der SPD. Walter zeigte sich trotz der Krise zuversichtlich für die Wahl: „Ich gehe davon aus, dass wir wieder stark in den Landtag einziehen.“
Linke und BSW wollen mehr staatliche Leistungen
Die Linke fordert in ihrem Wahlprogramm unter anderem einen Stopp höherer Mieten, mehr Investitionen in Krankenhäuser und Pflege, eine Ausbildungsoffensive für mehr Lehrkräfte, keine Beiträge für Kitas, Krippe und Hort sowie mehr Geld für öffentlichen Nahverkehr. In einer Volksinitiative dringt die Linke auf ein beitragsfreies Mittagessen für alle Schülerinnen und Schüler der 1. bis 6. Klassen.
Das BSW nennt im Wahlprogramm unter anderem diese Ziele: bezahlbare Wohnungen, bessere Pflegeleistungen, den Erhalt aller Kliniken in Brandenburg, mehr Lehrer, kostenloses Schulessen, beitragsfreie Kitas und Investitionen in Straßen und Schiene. Die Partei fordert aber auch einen „Stopp der unkontrollierten Migration“ und ein Handyverbot in Grundschulen.
Die Partei BSW hatte am vergangenen Samstag ihre Landesliste und ihr Wahlprogramm beschlossen. Die Ex-Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht hatte das BSW im Januar gegründet. Der Landesverband BSW hat in Brandenburg nach Parteiangaben etwa 40 Mitglieder, die Linke Brandenburg hat mehr als 4.000.
BSW-Landeschef Crumbach war früher SPD-Mitglied, Generalsekretär Stefan Roth früher im Landesvorstand der Linken.