Frankreich steht im EM-Viertelfinale gegen Portugal. Der Weltmeister von 2018 überzeugt mit Abwehrstärke statt Angriffswirbel. Der Topstar muss sich noch länger auf eine Einschränkung einstellen.
Didier Deschamps war bestens gelaunt. Lächelnd saß der Trainer der französischen Nationalmannschaft auf dem Podium in den Katakomben der Düsseldorfer EM-Arena und freute sich des Lebens. Der nächste biedere Auftritt seiner Fußball-Minimalisten schien den 55-Jährigen nicht zu stören. Was zählte, war einzig der Erfolg. Seine Startruppe um Ausnahmestürmer Kylian Mbappé hätte gegen Belgien knapp verlieren können. Dann hätte Deschamps jetzt wohl um seinen Job bangen müssen. Seine Mannschaft siegte aber durch ein Eigentor. Für Deschamps gab es also keinen Grund zur Kritik.
„Ich bin sehr stolz darauf, was wir gemacht haben“, sagte er und sprach sogar von einem tollen Spiel. „Wir haben uns für das Viertelfinale qualifiziert und das ist genau das, was wir wollten.“ Deschamps forderte: „Wir müssen das genießen. Wir dürfen es nicht kleinreden.“
Griezmann: „Auf einem guten Weg“
Seit 2012 ist der Baske französischer Nationalcoach. Bei den vergangenen vier großen Turnieren erreichte er mit seinem Team dreimal das Finale, wurde 2018 Weltmeister. Die Ergebnisse geben Deschamps also recht. Trotzdem bleibt die Équipe Tricolore ein Rätsel. Die Offensive um Superstar Kylian Mbappé, Marcus Thuram, Randal Kolo Muani oder Ousmane Dembélé ist herausragend besetzt. Trotzdem spielt Frankreich uninspiriert, man könnte auch sagen: langweilig. Christoph Kramer, deutscher Weltmeister von 2014, fasste den Auftritt beim 1:0 gegen Belgien so zusammen: „Wenig Idee, wenig Bewegung, wenig Tiefe.“
In vier Partien bei dieser EM hat Frankreich noch kein einziges Tor selbst aus dem Spiel heraus erzielt. Mbappé traf per Elfmeter. Ansonsten profitierten die Franzosen von zwei Eigentoren.
Gegen Belgien wirkten die französischen Angreifer am Montag über weite Strecken des Spiels erstaunlich teilnahmslos. Weil Kolo Muani den Ball aber nicht richtig traf und Belgiens Jan Vertonghen das Spielgerät unhaltbar ins eigene Tor abfälschte, konnte Sturm-Routinier Antoine Griezmann nach der Partie sagen: „Unser Ziel ist das Finale. Dafür sind wir auf einem guten Weg.“ Mittelfeldmann Aurélien Tchouaméni stellte fest: „Wir wollen gewinnen, darum geht es doch. Dafür ist es egal, ob man drei oder 15 Tore schießt.“
Auch der nächste Gegner im Achtelfinale glanzlos
Statt Offensivspektakel zeigen Les Bleus bei der EM allenfalls Verteidigungskunst, kassierten bislang erst ein Gegentor. Zum Spieler der Belgien-Partie wurde nicht Maskenmann Mbappé oder Joker Kolo Muani, sondern Rechtsverteidiger Jules Koundé gewählt. Der 25-Jährige macht sich trotz der schwachen Angriffsleistung keine Sorgen. „Ich habe sehr viel Vertrauen in die Mannschaft. Wir werden Tore schießen“, sagte er.
Im Viertelfinale wartet nun Portugal und damit ausgerechnet die Mannschaft, die Frankreich bei der EM 2016 im Finale besiegte und den Traum vom Heim-Titel in Paris zerstörte. Portugal zeigte damals, wie man mit Minimalismus Europameister werden kann. Von den sieben Turnierspielen bis zum Titel gewann das Team um Weltstar Cristiano Ronaldo nur eins in der regulären Spielzeit. Wirklich überzeugend waren die portugiesischen Auftritte selten.
Wie Frankreich glänzten auch die Iberer im Achtelfinale am Montag nicht. Gegen Slowenien setzte sich die Seleção erst im Elfmeterschießen durch. Angesichts der bisher gezeigten Leistungen ist das anstehende Kräftemessen am Freitag in Hamburg für Frankreichs dann gesperrten Mittelfeldspieler Adrien Rabiot auch kein Duell zweiter Titelaspiranten: „Die Favoriten sind für mich Spanien, Deutschland und die Schweiz“, sagte er.
Auch in der Runde der besten acht Teams wird Kapitän Mbappé nach Aussage seines Trainers wegen seines Nasenbeinbruchs mit seiner ungeliebten Schutzmaske auflaufen. „Er wird sich daran gewöhnen müssen, weil er die Gesichtsmaske noch ein paar Wochen wird tragen müssen“, sagte Deschamps. Dass ihn die Spezialanfertigung stört, hat Mbappé bereits mit deutlichen Worten klargemacht. Inwiefern sie eine Erklärung für seine bei diesem Turnier bisher durchwachsenen Auftritte ist, weiß der 25-Jährige aber wohl nur selbst.