Der jüngste Auftritt von Joe Biden löst bei den Demokraten Panik aus. Noch haben sie Zeit, für die im November anstehende Wahl umzusatteln. Ein Blick auf die möglichen Nachfolge-Kandidaten.
Die Demokraten stehen unter Druck. Nach dem schwachen Auftritt ihres Präsidenten im TV-Duell gegen Donald Trump stellen sich viele die einst verbotene Frage: Wer könnte Joe Biden auf dem Wahlzettel ersetzen?
Die gute Nachricht: In den Reihen der Partei tummeln sich mehrere hochkarätige Kandidaten. Viele haben ihre Ambitionen bereits zum Ausdruck gebracht. Vizepräsidentin Kamala Harris wäre wohl die naheliegendste Wahl. Die Gouverneure von Kalifornien und Michigan, Gavin Newsom und Gretchen Whitmer, haben in den letzten Jahren ihr nationales Profil geschärft. Auch der Name von Verkehrsminister Pete Buttigieg fällt häufig.
Die schlechte ist: Gut vier Monate vor den Wahlen birgt ein Kandidatenwechsel erhebliche Risiken.
Keine Partei in der jüngeren amerikanischen Geschichte hat je versucht, ihren Präsidentschaftskandidaten zwangsweise zu ersetzen. Der einfachste Weg wäre, wenn sich der Präsident selbst aus dem Rennen zurückziehen würde – ein unwahrscheinliches Szenario. Bidens Sprecher bekräftigte am Freitag, der Präsident werde nicht aussteigen und wie geplant an der zweiten Debatte im September teilnehmen. Auch der US-Präsident wies die Zweifel an seiner Eignung zurück. „Ich debattiere nicht mehr so gut wie früher“, sagte Biden am Freitag. Er wisse aber, „wie man diesen Job macht“.
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Bidens Duell-Auftritt bringt „Open Convention“ ins Spiel
Vor den Demokraten liegen entscheidende Tage und Wochen. Sollte es Biden nicht schaffen sich bis zum Parteitag Mitte August von seinem desaströsen Debattenauftritt zu erholen – oder sich gar einen weiteren Patzer leisten – wächst der Druck auf die Partei, ein Machtwort zu sprechen. Die Diskussion um einen Kandidatenwechsel würde neu an Fahrt gewinnen.
Tatsächlich wäre ein Austausch auf dem Parteitag noch möglich. Statt einer schlichten Nominierungsveranstaltung könnte daraus dann eine sogenannte „Open convention“ werden. Zwar hat Biden über 95 Prozent der Delegiertenstimmen in den Vorwahlen gewonnen, diese sind allerdings rechtlich nicht daran gebunden, für ihn zu stimmen. Und ab einem zweiten Wahldurchgang spielten dann auch die „Superdelegierten“ wieder eine wichtige Rolle: Das sind Parteifunktionäre, die frei darin sind, für wen sie stimmen.
Politische Experten warnen jedoch, dass ein Last-Minute-Wechsel Chaos auslösen könnte.
„Biden stellt einen Kompromiss dar, der die breite und potenziell zersplitterte Koalition der Demokratischen Partei zusammenhält“, erläutert Politikwissenschaftler Hans Noel in der „Washington Post“. Jeder Versuch, ihn zu ersetzen, könne diese Brüche zum Vorschein bringen.
Sollte Biden seine Meinung zum Rückzug ändern und es zu einer „Open convention“ kommen, wartet auf die Demokraten eine Mammutaufgabe: Einen Kandidaten finden, hinter dem oder der sich die Partei geschlossen versammeln kann.
Ein Blick auf die möglichen Optionen: