US-Wahl 2024: Biden vs. Trump: Lügen, ein heikler Versprecher und die Frage nach dem Längsten

Die erste TV-Debatte zwischen Joe Biden und Donald Trump ist gelaufen. Neue inhaltliche Erkenntnisse über die Politik der Duellanten gab es keine, dafür aber einige bemerkenswerte Momente. 

„Wir sind verdammt noch mal tot“: Die Stimmung im Lager von Joe Biden ist verheerend, nachdem der US-Präsident im ersten von zwei Fernsehduellen mit Donald Trump einen kläglichen Auftritt hingelegt hat. Anstatt den Wählerinnen und Wählern zu beweisen, dass er problemlos weitere vier Jahre den wohl herausforderndsten Job der Welt meistern kann, hat der 81-Jährige sämtliche Bedenken hinsichtlich seiner körperlichen und geistigen Fitness bestätigt. Biden verhaspelte sich mehrfach, verlor den Faden und starrte mit offenem Mund ins Leere.

Aber auch Trump bekleckerte sich nicht nur mit Ruhm. Zwar wirkte der Herausforderer fokussiert und agil und gab sich zumindest für seine Verhältnisse relativ zurückhaltend. Wohl auch, weil ihm nach der ersten Debatte der damaligen Kandidaten im Jahr 2020 ein zu aggressives Auftreten vorgeworfen worden war. Dafür warf er mit irreführenden Behauptungen und glatten Lügen nur so um sich und wich immer wieder direkten Fragen aus oder gab unsinnige Antworten.

Analyse zur TV-Debatte Biden Trump

Sieben bemerkenswerte Momente im TV-Duell Biden vs. Trump

Ein Satz, der einfach nicht enden will

Biden verwechselt bei seinem Auftritt Milliardäre mit Billionären und Millionen mit Milliarden, richtet den Blick oft zu Boden statt in die Kameras und kommt durcheinander – wie bei diesem wirren Bandwurmsatz:

„Wir wären in der Lage, dafür zu sorgen, dass all die Dinge, die wir tun müssen – Kinderbetreuung, Altenpflege, dafür sorgen, dass wir unser Gesundheitssystem weiter stärken, dafür sorgen, dass wir in der Lage sind, jeder einzelnen Person … Anspruch haben auf … für das, was ich mit dem …, dem Covid … Entschuldigung, ähm, mit dem Umgang mit … allem, was wir zu tun haben …“

Der Präsident macht eine Pause, die beim Zuschauen schmerzt. Dann schaut er auf und schiebt etwas Unverständliches zum Gesundheitssystem nach, bevor CNN-Moderator Jake Tapper ihn erlöst und sagt: „Danke, Herr Präsident.“

Heikler Versprecher bei heiklem Thema

Eigentlich ist das Thema Abtreibung ein Gewinnerthema für die Demokraten, da die Mehrheit der US-Bürgerinnen und -Bürger im Gegensatz zu den Republikanern für ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche ist. Doch nicht zuletzt wegen eines weiteren herben Versprechers kann Biden auch hier nicht punkten. Abtreibungen seien in manchen Fällen nötig, sagt der Präsident und fährt fort:

„Es gibt viele junge Frauen, die von ihren angeheirateten Verwandten vergewaltigt werden, von ihren Ehepartnern, Brüdern und Schwestern.“

PAID Biden, Trump und das Abtreibungsrecht USA 06.47

30 zu 9 Lügen für den Herausforderer

An Falschbehauptungen mangelt es nicht in der Debatte, vor allem Trump wird hier seinem Ruf gerecht. Wie nicht anders zu erwarten beharrt der Ex-Präsident darauf, dass er der eigentliche Gewinner der Wahl 2020 sei. Das ist aber bekanntermaßen Unsinn. Eine besonders infame Lüge verbreitet Trump bei der Diskussion um das Abtreibungsrecht: Einige demokratisch regierte Bundesstaaten erlaubten das Töten von Babys nach der Geburt, behauptet er fälschlicherweise. Auch beim Thema Wirtschaft verdreht der Republikaner die Fakten und verkündet, die USA hätten derzeit das größte Haushaltsdefizit aller Zeiten und ein Rekord-Handelsdefizit mit China. Beides hatten sie aber während seiner Regierungszeit.

Auch Biden nimmt es mit der Wahrheit nicht immer so ganz genau. Er nennt falsche Zahlen bei der Arbeitslosenquote und den illegalen Grenzübertritten und behauptet, Trump wolle die Sozialversicherung abzuschaffen – was nicht stimmt.

Am Ende liegt Trump im Lügen-Wettstreit aber haushoch vorne. Laut einem Schnellcheck von CNN verbreitet er in der Debatte 30 Unwahrheiten gegenüber neun Falschbehauptungen von Biden.

Infobox US-Wahl-NL

Trump macht eine sensationelle Feststellung

Was das eine mit dem anderen zu tun hat, wird wohl sein Geheimnis bleiben, aber auf die Frage, welche Maßnahmen er ergreifen würde, um die schädlichen Auswirkungen der globalen Erwärmung zu bekämpfen, entgegnet Trump, er wolle sauberes Wasser.

„Ich will absolut makelloses, sauberes Wasser. Und ich will absolut saubere Luft. Und wir hatten sie! Wir hatten H2O. Wir hatten die besten Zahlen aller Zeiten. Und wir haben alle Energieformen genutzt, alle Formen, alles.“

Die USA hatten Wasser, als Trump im Amt war. Diese Aussage ist endlich mal keine Falschbehauptung.

Die Emotionen kochen hoch

Einer der heftigsten Momente der Debatte entsteht, als Biden einen Vorfall aus dem Jahr 2018 aufgreift. Damals war Trump Präsident und versäumte während einer Frankreich-Reise einen geplanten Besuch des US-Militärfriedhofs Aisne-Marne bei Paris. Berichten zufolge soll er zu seinen Mitarbeitern gesagt haben, die dort Begrabenen seien „Trottel und Versager“ gewesen. Biden erinnert an seinen Sohn Beau, der im Irak gedient hatte und später an Krebs starb. Beau sei kein „Trottel und Versager“ gewesen, vielmehr sei Trump der „Trottel und Versager“. Trump bestreitet daraufhin, sich abfällig über US-Soldaten geäußert zu haben.

FS Trumps Vize-Favoriten

Wer hat den Längsten?

Als die Moderatoren das Thema Alter aufbringen, fangen Biden und Trump an, sich darüber zu zanken, wer besser Golf spielen kann. „Ich habe gerade zwei Clubmeisterschaften gewonnen, nicht etwa bei den Senioren, zwei reguläre Clubmeisterschaften“, prahlt Trump. „Um das zu schaffen, muss man ziemlich clever sein und den Ball weit schlagen können, und das kann ich.“ Biden dagegen könne den Ball keine 50 Meter weit schlagen, lästert der 78-Jährige.

Der Präsident kontert die Attacke mit der Behauptung, Trump schummle bei den Angaben zu seiner Größe und seinem Gewicht. Dann verkündet Biden, er würde sehr gerne in einem Wettbewerb mit seinem Amtsvorgänger ausfechten, wer den längeren Abschlag habe. „Als ich Vizepräsident war, habe ich mein Handicap auf 6 gesenkt“, tönt Biden. „Und übrigens“, fügt er hinzu, während Trump lacht: „Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich gerne Golf mit Ihnen spiele, wenn Sie Ihre Tasche selbst tragen. Glauben Sie, das kriegen Sie hin?“

Trump beendet den Schlagabtausch schließlich mit der Bemerkung: „Wir sollten uns nicht wie Kinder benehmen!“

Entweder Sieg oder Betrug

Erneut will Trump sich nicht darauf festlegen, ob er den Ausgang der Wahl im November akzeptieren wird. Stattdessen sagt er, dass er das Ergebnis dann anerkennen werde, „wenn es eine faire und legale und gute Wahl ist“ – was wohl so viel heißen dürfte wie: „Wenn ich die Wahl gewinne.“

 

Quellen: „Mediate“, „Huffington Post“, „Variety“, Reuters, CNN, AFP, DPA