Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) wegen einer mit China geschlossenen Absichtserklärung zum Datenaustausch kritisiert. Es gebe das „Prinzip, dass man Sachen miteinander vereinbart“, das sei „hier nicht geschehen“, sagte Scholz in der Nacht zum Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Die Bundesregierung habe eine China-Strategie „und wir handeln als Regierung immer entlang unserer gemeinsamen Grundsätze“.
Ein Sprecher Wissings wollte den Sachverhalt am Freitag nicht kommentierten. Er verwies auf „regierungsinterne Verständigungen“.
Wissing hatte am Mittwoch in Peking mit dem Direktor der Cyberspace-Verwaltung Chinas, Zhuang Rongwen, eine Absichtserklärung über den „Dialog zum grenzüberschreitenden Datenverkehr“ unterzeichnet. Diese Absichtserklärung sei der nächste Schritt nach dem im April im Beisein des Kanzlers unterzeichneten Kooperationsabkommen mit China zum autonomen Fahren, erklärte sein Ministerium.
Genaueres zu der Absichtserklärung teilte das Ministerium nicht mit. Profitieren sollen von einem Datentransfer laut „Handelsblatt“ vor allem die deutschen Autounternehmen in China.
Nach Informationen der Zeitung aus Regierungskreisen hatten sich sowohl das Auswärtige Amt als auch das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesinnenministerium äußerst irritiert über die mangelnde Absprache im Vorfeld geäußert. Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth schrieb am Freitag im Onlinedienst X, das „unabgestimmte, der China-Strategie widersprechende Vorgehen des Bundesverkehrsministeriums muss Folgen haben“. Gut, dass der Kanzler klare Worte gefunden habe.
Der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann, sagte dem „Handelsblatt“ vom Donnerstag, Wissings „Alleingänge sorgen nicht nur im Parlament, sondern auch bei unseren engsten Verbündeten für Kopfschütteln“.
Der Obmann im Ausschuss für Digitales, Tobias Bacherle (Grüne) sagte der Zeitung, das Problem der Datenexportregeln sei an sich „extrem wichtig“. Aber der Alleingang Wissings sei „weder der Sache angemessen, noch der Komplexität der deutsch-chinesischen Beziehungen“.
Auch aus der eigenen Partei kam Kritik: „Das Verhandlungsmandat auf deutscher Seite kann nur nachhaltig stark sein, wenn die eingenommene Position breite bundespolitische Rückendeckung für weitere Gespräche bereit hält“, sagte die Vize-Fraktionsvorsitzende der FDP, Gyde Jensen, dem „Handelsblatt“.
Wissing hatte am Mittwoch erklärt, um das Potenzial der Digitalisierung nutzen zu können, sei es wichtig, dass Daten möglichst ungehindert fließen können. Dabei müssten aber der Schutz der Privatsphäre und Sicherheitsinteressen umfassend berücksichtigt werden. Die Absichtserklärung schaffe einen „datenpolitischen Rechtsrahmen zwischen beiden Ländern“.