Mehrere Großdemonstrationen wird es am Wochenende in Essen gegen den Bundesparteitag der AfD geben. Zum Auftakt wird auch kreativ protestiert: mit Musik und einem Zelt-Camp.
Einen Tag vor dem umstrittenen AfD-Bundesparteitag haben sich in Essen die Gegendemonstranten in Stellung gebracht, die Polizei zog starke Kräfte zusammen. Man rechne im Laufe des Wochenendes mit 80.000 Demonstranten, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es könnten auch 100.000 werden, ergänzte ein Ministeriumssprecher am Freitag.
Ein besonderes Auge legt die Polizei demnach auf rund 1000 Linksextremisten aus ganz Deutschland und dem Ausland, die in Essen erwartet werden. Aus der Szene gibt es Ankündigungen, den Parteitag auch mit gewalttätigen Aktionen möglichst zu verhindern. Die Polizei zeigte am Freitag an zentralen Stellen in der Stadt bereits deutliche Präsenz.
Den Auftakt der größeren Protestaktionen machte am Freitagabend eine Rave-Demo mit mehreren tausend Menschen. Unter dem Motto „Bass gegen Hass“ legen szenebekannte DJs auf und fahren mit Musiktrucks in einem Demozug vom Hauptbahnhof zur Grugahalle, in der sich die AfD am Samstag und Sonntag trifft. Nach Angaben des Veranstalters begleiteten zwischen 4000 und 5000 Menschen den Zug. Die Polizei sprach gegen 20.00 Uhr von einem friedlichen Verlauf. Zur Teilnehmerzahl wollte sich die Polizei erst nach der Abschlusskundgebung äußern.
Die Sicherheitsvorkehrungen haben den beliebten Einkaufs- und Ausgeh-Stadtteil Rüttenscheid schon am Freitag teilweise lahmgelegt. Bewohner kamen nur noch zu Fuß und nach einer Ausweiskontrolle in ihr Zuhause. Autofahrer mussten die Grugahalle weiträumig umfahren. Der Betrieb von Bussen und Straßenbahnen wurde auf mehreren Linien eingestellt. Über der Stadt kreiste ein Polizeihubschrauber. Auch der beliebte Grugapark mit dem großen Freibad war aus Sicherheitsgründen nicht mehr geöffnet.
„Unfreiwillig geschlossen“ war auf einem Schild in einem Geschenkeladen an der eigentlich sehr belebten Rüttenscheider Straße zu lesen. „Wenn die Kunden sowieso nicht zu uns kommen, kann ich den Laden auch gleich zu lassen“, sagte eine sichtlich genervte Einzelhändlerin. An einigen Ladenlokalen waren aus Angst vor Ausschreitungen Bretter vor die Schaufenster geschraubt.
Bis zu 4000 Aktivisten zelten beim „Camp gegen Rassismus“
Einige Kilometer außerhalb der Stadt auf einer Freifläche an der Ruhr füllte sich am Freitag ein Zeltlager für Demonstranten. Das „Camp gegen Rassismus“ war ursprünglich an einer zentraleren Stelle geplant, wurde dort aber wegen Sicherheitsbedenken von der Polizei untersagt – sehr zum Ärger der Veranstalter. Nun müssen die bis zu 4000 Aktivisten ihre Zelte auf einer Wiese an der Stadtgrenze zu Bochum aufschlagen.
Die Aktionen am Freitag sind der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Kundgebungen, Demonstrationen und Versammlungen, die den zweitägigen Bundesparteitag der AfD am Samstag und Sonntag in der Essener Grugahalle begleiten. Der Höhepunkt der Proteste wird am Samstag erwartet. Allein bei einer zentralen Versammlung, die von der Stadt organisiert wird, könnten nach Einschätzung der Polizei mindestens 45.000 Demonstranten zusammenkommen.
Die Polizei ist mit mehreren tausend Kräften im Einsatz. Konfliktpotenzial gibt es vor allem, wenn linke Aktivisten ihre Ankündigung wahr machen und versuchen, die Anreise der rund 600 Delegierten zum Parteitag zu blockieren. Schon für den frühen Samstagmorgen hat eine Initiative Sitzblockaden an der Grugahalle angekündigt. Die Polizei warnte die Demonstranten ausdrücklich vor solchen Aktionen. „Verhinderungsblockaden, die darauf abzielen, den AfD Bundesparteitag zu stören oder zu verhindern, stellen eine Straftat dar“, betonte die Polizei.
In der linken Szene habe es im Vorfeld Aktionstrainings gegeben, in denen zum Beispiel Blockadeaktionen geübt worden seien, sagte Reul dem RND. „Und genau da hört nicht nur das Verständnis auf, sondern da fängt auch die Strafbarkeit des Gegenprotestes an.“
Reul: Schutz des Parteitags „sehr robust gewährleisten“
Reul warb um Verständnis für den Polizeieinsatz. „Die Chancengleichheit aller politischen Parteien ist ein wesentliches Element unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.“ Deshalb werde die Polizei einen ungestörten Verlauf des Parteitags sicherstellen und diesen Schutz bei Bedarf „sehr robust gewährleisten“.
Die AfD will bei dem Parteitag am Samstag und Sonntag unter anderem den Vorstand neu wählen. Die Stadt Essen hatte monatelang nach Möglichkeiten gesucht, den AfD-Parteitag noch zu verhindern – war damit aber letztlich vor Gericht gescheitert.
Stadt Essen zum Demo-Wochenende Gemeinsam Laut Widersetzen Newsticker der Polizei