Anerkennung für den politischen Gegner ist in Berlin selten. Robert Habeck machte jetzt eine Ausnahme und bescherte Angela Merkel zu ihrem anstehenden Geburtstag viele lobende Worte.
16 Jahre lang hat Angela Merkel Deutschland als Bundeskanzlerin geprägt – nun wird sie 70 Jahre alt. Anlässlich ihres runden Geburtstages am 17. Juli zollte Vizekanzler Robert Habeck der politischen Kontrahentin reichlich Respekt.
Merkel habe als Regierungschefin für Stabilität gestanden, schrieb Habeck in einem Gastbeitrag für das Magazin „Rolling Stone“. Ihre eigene Partei habe sie mehr als 16 Jahre lang „in der Mitte gehalten“ und sie immun gegen die Versuchung des rechten Populismus gemacht. „Was man für die Zeit nach ihr nicht ungebrochen sagen kann“, verteilte der Wirtschaftsminister eine Spitze an die derzeitige Unionsführung.
Habeck würdigt Merkels Humor
Merkels souveränen Umgang mit männlichen Parteigrößen der Union bezeichnete Habeck als „Sieg über den Chauvinismus“. Ihre eigene Biografie als ostdeutsche Frau habe sie selten politisch eingesetzt.STERN PAID 08_23 Fried 06.14
Persönlich habe die CDU-Politikerin „Normalität in Perfektion“ verkörpert, erklärte Habeck. „Merkel konnte man sich beim Kuchenbacken oder Kartoffelschälen oder beim ‚Tatort‘-Gucken vorstellen.“ Man habe gewusst, dass sie auch als Regierungschefin in den Supermarkt, ins Kino und ins Theater ging. Habeck würdigte auch die lustige Ader der Ex-Kanzlerin: „Der feine Spott (…) war bei ihr so zu Hause wie der schneidende Witz und Humor – das Pathos, die Emotion, die Leidenschaft weniger“, schrieb Wirtschaftsminister.
Aus Sorge davor, den Wählerinnen und Wählern etwas zuzumuten, seien in Merkels Regierungszeit von 2005 bis 2021 aber auch notwendige Veränderungen liegengeblieben, stellte Habeck fest. „Unnötig zu sagen, dass hier auch ein Erklärungsansatz liegt, warum die Ampel so unbeliebt ist.“ Natürlich gebe es in der Ampel einige Management- oder Performanceprobleme, räumte der Grünen-Politiker ein. „Aber vielleicht gerät Zustimmung nach einer langen Phase ohne Anstrengung auch strukturell unter Druck, wenn eine Regierung eine Reformregierung ist.“