In Bolivien sind nach einem gescheiterten Putschversuch zwei ranghohe Militärchefs festgenommen worden. Der Chef des Heeres, Juan José Zúñiga, und Marinechef Juan Arnez Salvador wurden am Mittwoch (Ortszeit) in Gewahrsam genommen. Von General Zúñiga angeführte Einheiten hatten zuvor mehrere Stunden lang den Präsidentenpalast in La Paz blockiert und versucht, mit einem Panzer ein Metalltor zu durchbrechen, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Der Putschversuch wurde international verurteilt.
Die Soldaten waren mit mehreren Panzern am Mittwochnachmittag zum Präsidentenpalast vorgerückt. Heereschef Zúñiga sagte, das Militär wolle die Demokratie „umstrukturieren“, um sie zu einer „echten Demokratie“ zu machen. Nach rund fünf Stunden zogen sich die Soldaten schließlich zurück, wie AFP-Reporter beobachteten.
Zúñiga wurde wenig später festgenommen und in ein Polizeifahrzeug gebracht, wie Aufnahmen des staatlichen Fernsehens zeigten.
Der linksgerichtete Präsident Luis Arce trat nach dem Rückzug der Soldaten auf den Balkon des Präsidentenpalasts und sagte zu hunderten Anhängern, „niemand kann uns die Demokratie wegnehmen, die wir errungen haben“. Zuvor hatte er die Menschen in dem südamerikanischen Land dazu aufgerufen, „sich gegen den Staatsstreich zu wehren“. Arce entließ Zúñiga und Salvador und besetzte ihre Posten neu.
Innenminister Eduardo del Castillo sagte, Zúñiga und Arnez seien „zwei Militärputschisten“, die versucht hätten, die Demokratie in Bolivien zu zerstören. Die beiden Generäle hätten sich in dem Panzer befunden, mit dem versucht wurde, das Tor zum Präsidentenpalast aufzubrechen.
General Zúñiga hatte vor seiner Festnahme versichert, er habe auf Anweisung von Präsident Arce gehandelt. Dieser habe ihn am Sonntag gebeten, einen Aufstand „zu inszenieren“, damit er mit einem harten Durchgreifen seine Zustimmungswerte verbessern könne.
In Bolivien war bereits über eine Absetzung des seit 2022 amtierenden Zúñiga spekuliert worden. Der General hatte zuvor angekündigt, er werde den früheren bolivianischen Präsidenten Evo Morales festnehmen, falls dieser wie angekündigt darauf bestehe, bei der Präsidentschaftswahl 2025 zu kandidieren. Der von 2006 bis 2019 amtierende und im Zuge von Massendemonstrationen zurückgetretene Morales war Ende Dezember 2023 von der Wahl ausgeschlossen worden.
Morales hatte am Mittwoch im Onlinedienst X geschrieben, es braue sich ein Staatsstreich zusammen. Er rief zu einer „nationalen Mobilisierung zur Verteidigung der Demokratie“ auf.
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich „zutiefst besorgt“ über die Ereignisse in Bolivien. Die US-Regierung beobachte die Geschehnisse genau und rufe zur Ruhe auf, sagte ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats in Washington.
Russland verurteilte den Putschversuch „aufs Schärfste“ und bekundete seine „unerschütterliche Unterstützung“ für Arces Regierung. Das französische Außenministerium verurteilte den versuchten Putsch ebenfalls und rief zur Achtung der „verfassungsmäßigen Ordnung“ auf.
„Wir verurteilen jede Form des Staatsstreichs in Bolivien“, schrieb Brasiliens linksgerichteter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva auf X. Ähnliche Reaktionen kamen aus anderen Ländern in Lateinamerika: Die Regierungen in Chile, Ecuador, Peru, Mexiko, Kolumbien und Venezuela riefen dazu auf, die Demokratie zu respektieren. Die Organisation Amerikanischer Staaten erklärte, sie werde „eine Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung“ in Bolivien nicht dulden.
Bolivien ist nach Jahren politischer Instabilität tief polarisiert. Die Regierungspartei MAS ist durch einen internen Konflikt zwischen Anhängern von Arce und seinem ehemaligen Mentor Morales gespalten. Morales, der erste indigene Präsident Boliviens, war sehr beliebt, ehe er versuchte, die Verfassung zu umgehen und 2019 eine vierte Amtszeit anzustreben.
Er gewann zwar die Wahl, musste aber inmitten tödlicher Proteste wegen Wahlbetrugsvorwürfen zurücktreten und aus dem Land fliehen. Nachdem Arce im Oktober 2020 die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, kehrte Morales zurück in das südamerikanische Land. Seitdem ist ein Machtkampf zwischen den beiden Männern entbrannt.