Eine neue Affenpocken-Virusvariante breitet sich Zentralafrika aus. Sie soll gefährlicher sein als die bisher bekannten. Aus der betroffenen Stadt gehen Direktflüge nach Europa. Eine Gefahr für uns?
Es gehört zu unserem Alltag nach der Pandemie, dass alle paar Monate einen Virusalarm in einem fernen Land die Schlagzeilen in Deutschland erreicht. Man stumpft ab – zumal wenn beispielsweise „nur“ Zugvögel oder Wildtiere erkranken und nicht geklärt ist, ob und wie sich Menschen überhaupt anstecken können.
Bei den Affenpocken ist das anders. Die Mpox-Viren (Abkürzung für Monkeypox) können auch uns infizieren und Krankheitssymptome wie Fieber, Schmerzen, geschwollene Lymphknoten oder auch Hautausschläge auslösen, die an Windpocken erinnern und auch die Geschlechtsteile befallen können. Deshalb ist eine Verwechslung mit Geschlechtskrankheiten wie Herpes oder Syphilis leicht möglich. Seit den frühen 70er Jahren grassieren die Krankheitserreger in vielen afrikanischen Ländern.
Affenpocken: Übertragung durch Sex
Im Jahr 2022 schwappte eine Infektionswelle nach USA und Europa, wo es zu Ausbrüchen in mehreren Ländern kam. In Deutschland registrierte das Robert-Koch-Institut bis zum Jahresende mehr als 3.500 Fälle. Die beruhigende Nachricht aber war damals: Man konnte dem Virus relativ leicht aus dem Weg gehen. Die Übertragung erfolgt vor allem bei engem Körperkontakt mit Infizierten über Hautausschläge, Schorf oder Körperflüssigkeiten. Eine Tröpfcheninfektion, die die Ausbreitung der Krankheit beschleunigen würde, ist zwar auch möglich, aber eben auch nur bei engem Kontakt – also zum Beispiel beim Sex.
Jetzt breitet sich eine neue Variante des Virus in mehreren zentralafrikanischen Ländern aus, wie die Tropenmedizinerin Trudie Lang bei einer Pressekonferenz des britischen Science Mecia Centers (SMC) berichtete. Die ersten Fälle traten im September 2023 in der Stadt Kamituga in der Demokratischen Republik Kongo auf, aktueller Hotspot ist die Millionenstadt Goma. 7.851 Fälle wurden im Land bis Ende Mai gemeldet. Lang befürchtet eine hohe Dunkelziffer, zumal auch nicht bekannt ist, wie viele Träger keine Symptome entwickeln und der Erfassung so entgehen.
Goma liegt direkt an der Grenze zu Ruanda, auch Uganda und Burundi liegen nicht weit. Prostituierte und ihre Kunden tragen aktuell zur Verbreitung bei. Es wurden bereits erste Infektionen aus den Nachbarländern gemeldet. Vom Airport in Goma aus gehen Direktflüge nach Europa.
Die neue Mutante ist möglicherweise infektiöser und tödlicher
Wie gefährlich der mutierte Erreger wirklich ist, dazu gibt es widersprüchliche Angaben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sah laut einem Kurzbericht vom 14. Juni noch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie ansteckender sei oder zu schwereren Erkrankungen führe als andere Virusstämme. Laut Einschätzung mancher Fachleute aber sei die Mutante sehr wohl ansteckender und führe zudem bei fünf Prozent der erkrankten Erwachsenen und sogar bei zehn Prozent der betroffenen Kinder zum Tod.
Dem Deutschen Ärzteblatt gegenüber bezeichnete ein WHO-Sprecher das weltweite Risiko für die Allgemeinbevölkerung gestern als gering, und auch das Robert-Koch-Institut sieht laut Website keine erhöhte Gefährdung. Man beobachte das Infektionsgeschehen aber genau und werde die Empfehlungen bei Bedarf anpassen.
Es gibt einen zugelassenen Impfstoff
Gegen Affenpocken gibt es einen Impfstoff, der in Deutschland während des Ausbruchs 2022 auch schon erfolgreich eingesetzt wurde, jedoch von den lokalen Behörden in der Demokratischen Republik Kongo noch nicht zugelassen ist.
Es gibt also keinen Grund, in Deutschland beunruhigt zu sein. Obwohl wegen der EM gerade viele Menschen aus anderen Ländern unterwegs sind, können Fußballfans weiterhin beim Public Viewing auf den Fanmeilen, in Kneipen und Biergärten beruhigt eng an eng sitzen und stehen und das Deutschlandspiel am Samstag verfolgen.
Gleichwohl führt der Ausbruch in Zentralafrika ein weiteres Mal vor Augen, wie wichtig es ist, weltweit Ausbrüche im Blick zu behalten, frühzeitig Gefahrenlagen zu erkennen und weder verspätet noch zu alarmistisch zu reagieren. Schon allein deshalb ist es erforderlich, die Corona-Pandemie aufzuarbeiten und aus vergangenen Fehlern zu lernen.