Das Plenum des Bundestags hat am Donnerstag zum ersten Mal über die große Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) debattiert. „Heute ist ein guter Tag für das deutsche Gesundheitssystem“, sagte der Minister vor den Abgeordneten. Die Reform sei „unbedingt notwendig“. Es brauche mehr spezialisierte Kliniken, weniger Bürokratie und eine sichere Finanzierung der Krankenhäuser. Weitere Vertreter der Ampel-Koalition verteidigten das Vorhaben ebenfalls – Kritik äußerte hingegen die Opposition.
Ohne die Reform könnten bis 2030 zu 25 Prozent der Krankenhäuser hierzulande in die Insolvenz gehen, betonte Lauterbach im Bundestag. 2022 war es noch rund zehn Prozent der Kliniken, die im „roten Bereich“ mit erhöhter Insolvenzgefahr lagen, wie aus dem ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten „Krankenhaus Rating Report 2024“ des RWI-Instituts und des Institute for Healthcare Business GmbH hervorgeht. Einen Jahresverlust auf Konzernebene schrieben demnach 30 Prozent der Häuser.
Mit seinen Plänen will der Minister nicht nur auf die schlechte finanzielle Lage der Kliniken reagieren, sondern auch auf weitere Probleme. So mangelt es an Ärzten und Pflegepersonal, zudem lässt die medizinische Qualität von Behandlungen gerade in kleinen Häusern oft zu wünschen übrig.
Wichtiger Baustein der geplanten Änderungen ist eine Reform der Fallpauschalen. Diese wurden 2004 eingeführt und sorgen für eine Vergütung nach Behandlungsfällen, was Lauterbach zufolge aber Fehlanreize nach sich zog. „Die Ökonomie ist zu weit gegangen“, sagte er im Bundestag. „Wir müssen uns zurückbesinnen auf die medizinische Bedürftigkeit der Patienten.“
Künftig sollen die Kliniken daher unabhängig von den ausgeführten Leistungen vergütet werden – durch so genannte Vorhaltepauschalen, die 60 Prozent ihres Budgets decken. Sie werden also dafür bezahlt, welche Leistungen sie anbieten – nicht, welche Leistungen sie tatsächlich ausführen.
Lauterbachs Reform ist nicht unumstritten. Vor allem die Länder haben Sorgen, dass viele kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum schließen müssen. Darauf zielte auch die Kritik des CDU-Gesundheitspolitikers Tino Sorge im Bundestag ab. Dieser warf dem Minister vor, nicht mit, sondern gegen die Länder zu handeln. „Wir brauchen mehr gemeinsames Handeln“, bekräftigte er. Die Notwendigkeit von Veränderungen bestritt Sorge aber nicht: „Wir brauchen eine Reform – es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie.“
Der AfD-Abgeordnete Thomas Dietz begrüßte ebenfalls die Kernvorhaben der Reform wie die Entökonomisierung und die Einführung der Vorhaltepauschalen. Diese dürften allerdings nicht für zusätzliche Bürokratie sorgen, mahnte er. Zudem seien die geplanten Maßnahmen insgesamt „unzureichend“.
Vertreterinnen und Vertreter der Regierungskoalition hoben hingegen die Bedeutung der geplanten Änderungen hervor. Die „Ampel“ habe sich damit an eine große Reform herangetraut, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang. Die Reform sei notwendig, weil jahrelang nichts getan wurde.
„Das Gesundheitssystem in Deutschland liegt auf der Intensivstation“, sagte der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann. „So wie es ist, kann es nicht weitergehen.“ Die Reform werde für eine qualitativ hochwertige Versorgung sorgen und dem medizinischen Personal „Luft zum Atmen“ geben. Ullmann bekräftigte zudem, dass „die Sorgen und Ängste der Länder“ ernst genommen würden.
Der Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes wurde nach der ersten Debatte in die Ausschüsse des Bundestages überwiesen. Lauterbach stellte mit Blick auf das parlamentarische Verfahren bereits mögliche Änderungen und Anpassungen in Aussicht, schränkte im ZDF jedoch ein: „Wo wir keine Zugeständnisse machen ist bei der Qualität der Versorgung“.