Im Prozess gegen Thüringens AfD-Chef Björn Höcke vor dem Landgericht in Halle an der Saale wegen der mutmaßlichen Verwendung einer verbotenen NS-Parole wird voraussichtlich im Juli ein Urteil gesprochen. Der Vorsitzende Richter Jan Stengel kündigte am Mittwoch einen weiteren Verhandlungstermin für den kommenden Montag an. Dann will das Gericht zunächst über weitere Beweisanträge entscheiden.
Bereits am Mittwoch befasste sich das Landgericht vor allem mit zahlreichen Beweisanträgen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Auch die Plädoyers standen noch aus. Ob die Beweisaufnahme am kommenden Montag geschlossen wird und plädiert werden kann, war noch unklar.
Dem Vorsitzenden des vom Thüringer Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuften AfD-Landesverbands wird vorgeworfen, im Dezember bei einer Parteiveranstaltung in Gera in Thüringen eine verbotene Parole der nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA) benutzt beziehungsweise das Publikum dazu animiert zu haben, den Spruch zu vervollständigen.
Höcke soll bei einem sogenannten AfD-Stammtisch in einer Gaststätte in Gera vor rund 350 Teilnehmern dem Publikum „Alles für“ zugerufen und seine Zuhörer mit Gesten laut Anklage aufgefordert haben, „Deutschland“ zu ergänzen. Die Staatsanwaltschaft sieht damit den Strafatbestand der gemeinschaftlichen Verwendung von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation erfüllt.
Der Vorsitzende Richter erteilte am Mittwoch den rechtlichen Hinweis, das eine Verurteilung auch wegen mittelbarer Täterschaft in Frage komme.
Zu dem Zeitpunkt des Geschehens in Gera war bereits ein Verfahren gegen Höcke wegen eines ähnlichen Vorfalls im sachsen-anhaltischen Merseburg anhängig. Das Landgericht Halle verurteilte den 52-Jährigen Mitte Mai zu einer Geldstrafe von 13.000 Euro, weil er dort auf einer AfD-Wahlkampfveranstaltung ebenfalls die SA-Parole „Alles für Deutschland“ verwendet hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Höcke selbst bestreitet eine strafrechtliche Relevanz seiner Äußerungen und stellte diese auch wiederholt als Banalität dar. In dem aktuellen Prozess sprach er erneut von „Allerweltsworten“ und bezeichnete das Verfahren als „Farce“. Er hält sich für „völlig unschuldig“.
Die Verteidigung versucht in dem Verfahren zu belegen, dass der Spruch kein zentraler Slogan der SA war und seit langem von Vertretern verschiedener politischer Lager benutzt wurde. Dazu stellte sie am Mittwoch auch eine Reihe von Beweisanträgen, über welche die Kammer noch nicht entschied. Zudem beharrt der studierte Geschichtslehrer Höcke darauf, nichts von der Herkunft der Parole gewusst zu haben.
Die Staatsanwaltschaft hält dies für unglaubwürdig. Statt Einsicht und Reue zu zeigen, habe Höcke etwa in einem Video in sozialen Netzwerken von einem „politischen Schauprozess“ gesprochen, sagte Staatsanwalt Benedikt Bernzen am Mittwoch. Er warf Höcke einen „persönlichen Rachefeldzug“ gegen die Justiz vor.
Dies „bringt ein Demokratieverständnis zum Ausdruck, das sich mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbaren lässt“, fügte der Staatsanwalt hinzu. Im Fall einer Verurteilung droht Höcke eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.
Höcke ist Landes- und Fraktionschef seiner Partei in Thüringen sowie Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl am 1. September. Die AfD liegt in den Umfragen seit Monaten vorn. Höcke will die Partei in die Regierung bringen und Ministerpräsident werden, allerdings will keine andere Partei mit der AfD zusammenarbeiten.