Nach dem Rauswurf aus der rechten ID-Fraktion tut sich die AfD schwer, im Europaparlament neue Partner zu finden. Für den Bundesparteitag am Wochenende bedeutet das zusätzlichen Ärger.
Der AfD droht im Europaparlament der Verlust von Millionenzuschüssen und Antragsrechten. Grund: Bislang gelingt es ihr nicht, eine Fraktion zu bilden. Die Verhandlungen seien vorerst ohne konkretes Ergebnis geblieben, hieß es am Dienstagmittag aus dem Umfeld der Delegation in Brüssel gegenüber dem stern.
Zwar sollen die Gespräche weiterlaufen. Doch vor dem Bundesparteitag an diesem Wochenende in Essen wird nicht mehr mit einem Erfolg gerechnet. Die anstehende Wiederwahl der Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla dürfte dadurch zusätzlich belastet werden. So werden unter anderem Angriffe aus dem Lager des umstrittenen Europapolitikers Maximilian Krah erwartet.
Die neuen AfD-Europaabgeordneten erfuhren die ernüchternde Nachricht am Dienstagvormittag. Nach Informationen des stern teilte Delegationsleiter René Aust seinen Kollegen mit, dass er bei einigen potenziellen Partnern große Risiken sehe. Dabei gehe es auch um mögliche Relativierungen des Holocaust. Es sei daher besser, keine Fraktion als eine falsche Fraktion zu bilden.
Zuletzt hatte der „Spiegel“ darüber berichtet, dass die Gründung der Fraktion für diesen Donnerstag geplant sei. Der Name solle „Die Souveränisten“ lauten, hieß es unter Berufung auf eine interne Nachricht. Doch dazu kommt es nun vorläufig nicht.
Sollte die AfD im Europaparlament fraktionslos bleiben, wäre das in finanzieller und politischer Hinsicht sehr schmerzhaft für sie. Einer Fraktion im Europaparlament müssen mindestens 23 Abgeordnete aus sieben Nationen angehören. Nach ihrer Anerkennung erhält sie Büros und kann zusätzliches Personal einstellen. Die zugehörigen Gelder sollen sich allein im Fall der AfD im niedrigen zweistelligen Millionenbereich bewegen. Mit dem Fraktionsstatus sind zudem parlamentarische Rechte und Posten verbunden.
Die Frist zur Anmeldung einer Fraktion läuft bis zum 3. Juli. Allerdings konstituiert sich das Parlament formal erst am 16. Juli. Bis dahin könnten noch Gespräche geführt werden, hieß es aus dem Umfeld der Delegation. Eine Fraktionsbildung um jeden Preis werde es nicht geben.
Im Zentrum der Auseinandersetzung steht Krah
In der vergangenen Legislaturperiode war die AfD Mitglied in der extrem rechten Fraktion Identität und Demokratie (ID), der unter anderem die italienische Lega Nord, der französische Rassemblement National (RN) und die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) angehören. Die AfD war im vergangenen Jahr auch der zugehörigen ID-Partei beigetreten.
Allerdings hatten sich immer wieder Spannungen zwischen der AfD-Delegation und den anderen Parteien aufgebaut. Im Zentrum der Auseinandersetzungen stand Krah, der mehrfach als Fraktionsmitglied suspendiert wurde. Nachdem der Abgeordnete kurz vor der Europawahl in einem Interview die Verbrechen von SS-Männern relativierte, schloss die ID die AfD aus der Fraktion aus.
AfD will ID verlassen 14.00
AfD plant Austritt aus ID-Partei
Nach der Europawahl am 9. Juni, bei der die AfD ihr Ergebnis auf 15,9 Prozent steigerte, wurde wiederum Krah nicht in die neue Delegation der Partei aufgenommen. Eine knappe Mehrheit der 15 neu gewählten Abgeordneten stimmte für die Isolation des Abgeordneten. Weidel und Chrupalla befürworteten nach Informationen des stern diesen Schritt.
Die Folge war eine Schlammschlacht in den sozialen Medien. Aust wurde als „Verräter“ bezeichnet. Krah selbst sprach von einem „Irrweg“ und machte dem Delegationsleiter eine Kampfansage. „Ich sage Ihnen jetzt schon: Er wird scheitern“, erklärte er gegenüber dem Portal „Politico“. Danach würden „die Karten neu gemischt“.
Tatsächlich bekräftigten der RN und andere ID-Parteien ihren Entschluss, die AfD draußen zu halten. Als Konsequenz plant nun die AfD, aus der ID-Partei auszutreten.