Ein Urteil des Bundessozialgerichts sorgt für Verunsicherung an Musikschulen. Vor dem Landesparlament demonstrieren Lehrkräfte und Eltern. Der Kultursenator verspricht „leidenschaftliche Antworten“.
Mehrere hundert Demonstranten haben vor dem Berliner Abgeordnetenhaus bessere Arbeitsbedingungen für die Lehrkräfte an Musikschulen gefordert. Anlass der Proteste am Montagmittag war die letzte Sitzung des Kulturausschusses im Landesparlament vor der Sommerpause. Dazu aufgerufen hatten der Berliner Musikschulen e.V. und die Fachgruppe Musik Berlin-Brandenburg der Gewerkschaft Verdi. Aus ihrer Sicht drohen dem Musikschulangebot in Berlin ab diesem Spätsommer für bis zu 45.000 Kinder und Jugendliche erhebliche Einschränkungen.
Demonstration mit Trommeln, Rasseln und Pfeifen
Verdi wirft dem Senat vor, bisher keine rechtssichere Lösung für das Unterrichtsangebot an den bezirklichen Musikschulen vorgelegt zu haben. Die Gewerkschaft setzt sich wie viele Musikschullehrkräfte, Schüler und Eltern für eine Umwandlung von Honorarverträgen in Festanstellung spätestens zum Beginn des neuen Schuljahres ein. Nach Angaben des Verdi-Gewerkschaftssekretärs Andreas Köhn haben mehr als 500 Demonstranten an der Kundgebung teilgenommen, darunter viele mit Trommeln, Rasseln und Pfeifen.
Kultursenator Joe Chialo wies auf Sparzwänge in seiner Senatsverwaltung hin. Es sei keine einfache Situation für die Musikschulen. Aber es sei auch klar, dass das Einlösen der Forderungen Geld koste, so der Senator. „Wer fest angestellt werden will, soll fest angestellt werden. Wer frei bleiben will, soll frei bleiben“, versicherte er dennoch. „Gebt uns Zeit“, appellierte der CDU-Politiker an die Demonstranten nach deren „leidenschaftlich vorgetragenen“ Forderungen. „Wir suchen nach leidenschaftlichen Antworten. Die werden kommen.“
Dreiviertel der Berliner Musikschullehrkräfte arbeiten auf Honorarbasis
Hintergrund der Kundgebung ist ein Urteil des Bundessozialgerichtes aus dem Juni 2022 über den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Musikschullehrerin auf Honorarbasis. Darin wurde festgestellt, dass sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Prüfkriterien der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zur Scheinselbstständigkeit sind Verdi zufolge daraufhin ab Juli 2023 angepasst worden. Den Angaben zufolge sind in Berlin mehr als Dreiviertel (77 Prozent) der Musikschullehrkräfte auf Honorarbasis beschäftigt und damit in einem rechtlich unsicheren Dienstverhältnis.