Die Bundesländer sind einstimmig für eine Pflichtversicherung für Flutschäden. Doch die Ampel sperrt sich – vor allem die FDP. Dabei wäre nichts hilfreicher, unbürokratischer und günstiger als die Pflicht.
Die Pflicht zur Elementarschaden-Versicherung könnte eine regelrechte Befreiung sein. Stellen wir uns das mal kurz vor: Nach heftigem Starkregen steht das Wasser knietief im Haus. Nun ist schnelle Hilfe nötig. Weil alle versichert sind, gibt es klare Strukturen und Ansprechpartner bei den Versicherern. Spendenaufrufe sind nicht nötig. Der Staat muss nur die beschädigte öffentliche Infrastruktur bezahlen.
Mehr noch, die Häuser sind auch besser geschützt: Rückstauklappen funktionieren, Kellerfenster sind druckfest, Sandsäcke liegen bereit. Denn je besser ein Haus geschützt ist, desto weniger Beiträge verlangt die Versicherung. Eigentümer haben also unmittelbaren einen finanziellen Anreiz, Schäden zu vermeiden. Alle Erfahrung zeigt, dass das wirkt.STERN PAID Gegen die Flut 17.10
Realität ohne Pflichtversicherung: Nur jeder zweite ist versichert
Aktuell ist die Lage ganz anders: Nur jeder zweite Haus- oder Wohnungsbesitzer ist gegen Naturgefahren versichert. Weil sie das fern scheinende Flutrisiko ignorieren. Versicherer sprechen schon von „Flutdemenz“. Meist sind nicht mal die Rückstauklappen der Abflüsse ordentlich gewartet. Eigentlich müssten betroffene Hauseigentümer auf ihren Schäden sitzen bleiben. Doch der Staat kann – und will – sie nicht im Stich lassen. Politiker stehen in Gummistiefeln vor Sandsäcken und versprechen „unbürokratische Hilfe“. Alles andere würden ihnen die Wähler niemals verzeihen.
Doch die Hilfe ist selten unbürokratisch. Es muss stets geklärt werden, wer nun jeweils welche Kosten von wem (Staat, Versicherung, Spenden) erstattet bekommt. Auch sind die Strukturen des Staates in der Regel überfordert. Werden Haus und Keller geflutet, kann es also Monate dauern, bis finanzielle Hilfe kommt. Die Flutopfer vom Ahrtal können ein Lied davon singen. Am Ende kriegen viele nur einen Bruchteil erstattet.FAQ Schäden durch Starkregen vermeiden 11:39
Eine Pflicht, die Versicherung bloß anzubieten, hilft nicht weiter
Die Bundesländer haben dieses Dilemma erkannt und drängen einstimmig (!) auf die Versicherungspflicht. Sie sind es, die regelmäßig bei der Fluthilfe in der Pflicht sind. Doch bisher sperrt sich die Ampel, vor allem die FDP in Person des Bundesjustizministers Marco Buschmann. Der spricht von mehr Bürokratie und höheren Kosten fürs Wohnen durch eine Pflichtversicherung.
Doch der Alternativvorschlag der FDP, die Versicherer sollten verpflichtet werden, eine Versicherung gegen Elementarschäden anzubieten, läuft ins Leere. Denn im Prinzip müssen das Makler schon jetzt tun. Und trotz schwerer Hochwasser in den vergangenen Jahren nimmt die Zahl der gegen Naturgefahren Versicherten kaum zu.
Die Versicherer stehlen sich aus der Verantwortung
Überhaupt, die Versicherer enttäuschen in der Debatte am meisten. Auch sie wehren sich gegen eine Pflichtversicherung, obwohl es doch, richtig aufgesetzt, ein lukratives Geschäft wäre – und verlieren sich in allgemeinen Erklärungen zum Hochwasserschutz. Sie sollten sich an die Grundidee der Versicherung erinnern: Möglichst viele Schultern tragen das Risiko des Einzelnen.
Ja, es können Härten durch eine Versicherungspflicht entstehen. Für Hausbesitzer in besonders gefährdeten Zonen wären die Pflichtbeiträge sehr hoch. Die Versicherer bräuchten Staatsbürgschaften für besonders verheerende Fluten. Doch all das ließe sich fair regeln. Und käme den Staat erheblich billiger als die wenig effizienten Nothilfen, die jetzt teuer verteilt werden.
Für faire unbürokratische Hilfe müssen alle pflichtversichert sein
Am Ende sind es die Steuerzahler, die den Schaden haben. Wie fair ist es eigentlich, dass Mieter im Hochhaus über die Steuer, Hausbesitzern an Flüssen und Seen ihre Schäden finanzieren? Schon deshalb sollten künftig Flutschäden effektiv, unbürokratisch und fair reguliert werden. Das ist nur zu haben, wenn fast alle versichert sind – und dazu braucht es (leider) die Versicherungspflicht.
Schon einmal, 2003, scheiterte ein Anlauf zur Pflichtversicherung. Nun droht er erneut zu scheitern. Die Flutschäden durch Starkregen dagegen, werden mit dem Klimawandel weiter zunehmen.