Vor Bund-Länder-Gipfel: IMK-Vorsitzender hält Asyl in Drittstaaten für kompliziert

Sollen Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen Union ausgelagert werden? Regierungschefs und Innenminister debattieren darüber. Brandenburg hält es für kompliziert. Die FDP macht Druck.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) bewertet Überlegungen zu Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU mit einer gewissen Skepsis. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), glaubt, dass es durchaus machbar wäre und zur Lösung von Problemen mit irregulärer Migration beitragen könnte.

„Das ist ein mögliches Projekt, was sehr kompliziert sein wird, was auch rechtlich nicht einfach einzuordnen sein wird“, sagte Stübgen bei der Innenministerkonferenz (IMK) in Potsdam. Er fügte hinzu: „Aber ich lasse mich gerne überzeugen davon, dass das versucht werden sollte.“ Großbritannien, wo das Modell mit sehr großem Aufwand betrieben werde, sei bisher nicht sehr erfolgreich in dieser Frage, sagte Stübgen, der derzeit den Konferenz-Vorsitz innehat.

Die konservative britische Regierung bemüht sich seit langem darum, Menschen, die ohne Erlaubnis einreisen, nach Ruanda zu bringen. Sie sollen dort Asyl beantragen, eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Italien will die Asylverfahren für einen Teil der geretteten Bootsmigranten nach Albanien auslagern.

Das Modell der sicheren Drittstaaten für Asylbewerber wäre verfassungsrechtlich machbar, betonte Frei, es hänge nur davon ab, „ob die Ampel-Regierung den politischen Willen dazu aufbringt“. Scholz müsse eine Kurskorrektur in der Migrationspolitik einläuten, forderte Frei.

FDP-Fraktionsvize schlägt Pilotprojekt vor

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, Konstantin Kuhle, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Um dieses Vorhaben voranzubringen, sollte der Bund schnellstmöglich ein Pilotprojekt starten, um eigene Erfahrungen zu sammeln.“

Die Länderinnenminister haben in Potsdam ihre Beratungen fortgesetzt, am Morgen traf dazu auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein, die am späten Nachmittag in Berlin bei einer Runde von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten erwartet wird. Dort soll sie die Ergebnisse einer Prüfung ihres Ministeriums zu rechtlichen und praktischen Voraussetzungen verschiedener Modelle einer Drittstaaten-Regelung vortragen. Die Frage, welches Land womöglich bereit sein könnte, Asylbewerber aus Deutschland zu übernehmen, zählt nicht dazu.

Die Bundesregierung hatte mit den Bundesländern außerdem vereinbart, die Möglichkeit von Asylverfahren außerhalb der EU zu prüfen. Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) etwa hält solche Überlegungen nicht für geeignet, um die Migration einzudämmen.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig äußerte sich skeptisch. Es müsse zunächst einmal geklärt werden, ob eine solche Regelung überhaupt möglich sei und welches die Vor- und Nachteile seien, sagte die SPD-Politikerin zum Auftakt der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder in Berlin. „Ich bin höchst skeptisch, aber finde es erstmal wichtig, dass wir darüber sprechen.“

Man sollte nicht aus ideologischen Gründen gleich dafür oder dagegen sein. Man müsse alle Maßnahmen darauf prüfen, ob sie mit den bestehenden Regeln vereinbar sind und ob sie tatsächlich wirken. „Wir brauchen keine Symbolpolitik, wir brauchen praktische Ergebnisse.“

Abschiebung nach Syrien und Afghanistan? Stübgen stellt Forderungen

In der Debatte um Abschiebungen von Schwerkriminellen und sogenannten Gefährdern nach Afghanistan und Syrien sagte Stübgen: „Tatsache ist, wir müssen dort vorankommen. (…) Und ich glaube auch, die Bevölkerung erwartet, dass solche Menschen nicht länger in diesem Land bleiben.“ Er halte es für notwendig, zunächst mit Syrien zu beginnen. „Dort sind die rechtlichen Bedingungen andere, aber dann muss die Bundesregierung, insbesondere die Bundesaußenministerin, endlich mal anfangen, diplomatische Stränge so aufzubauen, dass man dies organisieren kann.“ Als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke von Mannheim hatte zuvor auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen.