Die Bundesländer wollen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk sparen. Die Erhöhung des Rundfunkbeitrags kommt für einige nicht infrage. Sie bekommen erneut Gegenwind von Kontrolleurseite.
Die scheidende ZDF-Fernsehratschefin Marlehn Thieme hat davor gewarnt, dass Einsparungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zulasten einer großen Mediathek-Kooperation von ARD und ZDF gehen könnten. Der Appell fällt in eine Zeit, in der die Länder an Rundfunk-Reformen arbeiten. Es ist unklar, ob der Rundfunkbeitrag am 1. Januar 2025 von monatlich 18,36 Euro auf 18,94 Euro steigt, weil sich mehrere Ministerpräsidenten dagegen stemmen. Der Fall könnte womöglich dann vor dem Bundesverfassungsgericht landen, weil sich die Länder eigentlich an der Empfehlung von unabhängigen Finanzexperten zu der Beitragserhöhung eng orientieren müssen.
Thieme, die seit acht Jahren Vorsitzende des ZDF-Kontrollgremiums ist, sagte in einem Pressegespräch: „Der progressive Wille von ARD und ZDF zu mehr digitaler Kooperation darf durch nichts erschwert werden – auch nicht durch Kosteneinsparungen.“ Die 67-Jährige ergänzte: „Wir sorgen uns um die Zukunftsperspektive des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der nachweislich eine sehr hohe Akzeptanz in der Gesellschaft genießt.“ Gegenüber den Mega-Plattformen aus den USA und China mit ihren kommerziell ausgerichteten Algorithmen müsse man in diesem Land etwas entgegensetzen.
ARD und ZDF möchten bei ihren Mediatheken technologisch enger zusammenarbeiten. Die Plattformen bleiben zugleich eigenständige Angebote. Die öffentlich-rechtlichen Medienhäuser wollen die gemeinsame Software auch anderen Institutionen oder Medienunternehmen zugänglich machen. Der Fachbegriff lautet Open Source – damit ist Software gemeint, bei denen der Urheberrechtsinhaber gegen Lizenz auch anderen Nutzern das Recht einräumt, dessen offene Quellcodes zu nutzen. Weiter in die Ferne geblickt können sich die Öffentlich-Rechtlichen sogar eine gemeinwohlorientierte Plattform unterschiedlicher Akteure vorstellen. Thieme sagte: „Das wäre geeignet, eine nationale oder auch eine europäische Antwort zu ermöglichen.“
Im Herbst möchten die Länder ihren Reformplan vorlegen. Der Auftrag und der Rahmen für den Rundfunk werden in Staatsverträgen festgeschrieben. Daran orientiert sich die Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Auf die Frage, ob sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk schnell genug reformiert oder ob man zu viel Zeit hat verstreichen lassen, sagte Thieme in dem Pressegespräch: „Manches kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk selber machen, für anderes braucht er einen ausdrücklichen Auftrag. Nur dann gibt es eine Finanzierung. Bei den digitalen Internet-Angeboten hinkte der Staatsvertragsgeber hinterher.“ Die Kontrolleurin ergänzte: „Das ist rückblickend jetzt aufgeholt worden. Wir haben aus Fernsehratssicht für die Anstalten wichtige Zeit verloren, die jetzt fehlt.“
Bisher keine Reaktion auf Appell der Kontrollräte
Anfang Juni hatte eine Allianz aus den Kontrollgremien von ARD, ZDF und Deutschlandradio in einem Schreiben an die Regierungschefs appelliert, den Rundfunkbeitrag zu erhöhen. Auf die Frage nach Reaktionen sagte Thieme: „Ich bin bisher vereinzelt darauf angesprochen worden, ich habe noch keine konkreten Reaktionen.“
Nachgefragt nach den Konsequenzen, wenn der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar nicht steigen sollte, führte die ZDF-Fernsehratschefin aus: „Das ist zunächst am ZDF, sich darauf einzustellen und zu sagen: Was ist der Plan B und welche Kürzungsnotwendigkeiten gibt es dann?“ Sie ergänzte: „Wir werden spätestens bis zur Haushaltsberatung im Herbst darüber mehr Klarheit brauchen.“