Germany’s Next Topmodel: „Ich werde nach meiner Zeit bei GNTM eine Therapie machen, um alles zu verarbeiten“

Lea Oude und Jermaine Kokoú Kothé haben die 19. GNTM-Staffel gewonnen. Im stern-Interview sprechen sie über die größten Herausforderungen, ihre Zukunftspläne und die private Handynummer von Heidi Klum.

Herzlichen Glückwunsch zum Titel „Germany’s Next Topmodel“ 2024. Wie haben Sie das Finale erlebt? Herr Kokoú Kothé, Sie wirkten fast ein wenig geschockt, als Heidi Klum Ihren Namen gesagt hat?
Kokoú Kothé: Es war cool, aber es ging so schnell vorbei. Für mich hat sich das angefühlt, als wären es 20 Minuten gewesen. Als die Entscheidung dann gefallen ist, habe ich es überhaupt nicht realisiert. Auch jetzt noch nicht. Ich glaube, ich muss erstmal eine Woche abschalten, um alles zu verarbeiten.
Oude: Es war ein geiler Abend. Ich bin erst um 9 Uhr schlafen gegangen, weil ich die ganze Zeit mit meinen Freundinnen im Hotelzimmer gesessen und gequatscht habe, um das alles zu begreifen.

Wie blicken Sie auf Ihre Zeit bei GNTM zurück?
Oude:  Es gab Höhen und Tiefen. Wir alle hatten wirklich schöne Momente, die wir miteinander geteilt haben, wir haben gelacht, gefeiert und hatten Spaß. Für mich persönlich waren die Höhen-Shootings die größten Herausforderungen. Zum Beispiel dieser Steg, der über die Schlucht ragte. Ich hätte nie gedacht, dass ich das machen würde. Da bin ich an meine Grenzen gekommen.

Kokoú Kothé: Ich sehe das ähnlich. Das Thema Höhe war für mich auch eine Herausforderung. Trotzdem würde ich sagen, die Zeit bei GNTM war bisher die beste meines Lebens. Wir mussten unsere Handys abgeben und wurden so nicht unnötig abgelenkt. Ich konnte mich nur auf die Aufgaben und mich selbst konzentrieren. Dadurch habe ich viel über mich gelernt, zum Beispiel, dass ich viel offener und selbstbewusster sein sollte. Das bin ich jetzt, und ohne die Monate bei GNTM wäre das vielleicht erst in zehn Jahren passiert.GNTM Finale Kritik 06.23

Wie lief das Zusammenleben im Penthouse? 
Kokoú Kothé: Es hat gut funktioniert. Natürlich gab es hier und da mal jemanden, der unordentlich war und sein Geschirr nicht wegräumt hat. Dann gibt es in einzelnen Situationen auch mal Stress oder Streit. Aber ich glaube, das ist normal, wenn man die ganze Zeit aufeinanderhängt. Vor allem zu Beginn, als wir noch viele Leute mit unterschiedlichen Charakteren waren.

Wie sah ein typischer Drehtag in Los Angeles aus? 
Oude: Wir haben immer schon am Abend zuvor ein Briefing bekommen, was am nächsten Tag ansteht. Meistens sind wir um sieben Uhr aufgestanden, haben uns fertig gemacht und gefrühstückt und wurden dann zur Location gefahren. Da waren wir bis abends. Am nächsten Tag standen meist Interviews oder Drehs im Penthouse an. An den Tagen danach hatten wir auch Freizeit und konnten entspannen.
Kokoú Kothé: Ich habe es mir viel schlimmer und stressiger vorgestellt. Natürlich verspürst du eine gewisse Art von Druck. Das macht etwas mit einem. Man sollte psychisch stabil sein. Aber wenn man das alles aushalten kannst – frühes Aufstehen, langes Warten am Set – dann schafft man das.
Oude: Das Warten ist nicht zu unterschätzen. Man verbringt unheimlich viel Zeit mit Warten. Ich hätte nicht gedacht, dass das bei einer TV-Produktion so krass ist. Aber wenn man etwas wirklich möchte, dann zieht man es auch durch.

Gab es Momente, in denen Sie ans Aufgeben gedacht haben, weil der Druck oder der Stress zu groß waren?
Kokoú Kothé: Bei mir war es nicht der Druck oder der Stress, sondern das Thema Höhe. Als ich auf diesem durchsichtigen Steg stand, dachte ich: ‚Ich will hier am liebsten sofort runter.‘ Ich war ganz kurz davor, abzubrechen. Aber dann ging die Musik an, und ich bin einfach losgelaufen. Zwischendurch gab es auch immer wieder Momente, in denen ich mir gewünscht habe, für eine Nacht in meinem eigenen Bett zu schlafen. Ich war froh, dass wir immer wieder mal mit unseren Familien telefonieren durften und es am Ende den Besuch gab. Sonst weiß ich nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, bis zum Schluss durchzuhalten
Oude: Das Zusammenleben im Penthouse hat mich zum Teil auch an meine Grenzen gebracht. Ich würde mich schon als extrovertiert beschreiben und bin gerne unter Menschen. Genauso wichtig ist es mir aber auch, dass ich mich mal zurückziehen kann und Zeit für mich habe. Das war kaum möglich. Selbst die Toilette hatte eine Glastür.

Wie haben Sie Heidi Klum am Set erlebt?
Kokoú Kothé: Heidi war immer total positiv. Egal, wie spät oder anstrengend es war, sie hatte immer gute Laune. Ich habe wirklich Respekt vor dieser Frau. Auch vor ihrer internationalen Karriere, die sie sich aufgebaut hat. Das schaffen nur wenige Deutsche. Natürlich haben wir Heid nie total privat erlebt, aber ich hatte schon das Gefühl, dass sie sich um uns kümmert und ihr wichtig ist, wie es uns geht. Ich fand sie menschlich. Sie saß nicht einfach nur da und wir waren ihr egal, sondern sie hat versucht, eine Verbindung zu uns aufzubauen.

Haben Sie jetzt auch ihre private Handynummer?
Oude: Nein, aber wir könnten sie jederzeit über Instagram kontaktieren.GNTM 2024 Finalisten Check 16.20

Welchen Gastjuror oder welche Gastjurorin mochten Sie am liebsten?
Oude: Bei mir ist es definitiv Rankin. Er ist viel öfter bei den Dreharbeiten dabei, als es im TV gezeigt wird. Nicht nur bei dem Nacktshooting, das er bei uns gemacht hat. Er hat mir viel positives Feedback gegeben und uns eigentlich während der ganzen Reise begleitet. Darüber habe ich mich sehr gefreut.
Kokoú Kothé: Rankin fand ich ebenfalls toll, aber auch Jourdan Dunn und Winnie Harlow. Sie hatte eine unfassbare Ausstrahlung und einen ganz intensiven Blick. Ich will auch immer viel mit den Augen machen. Deshalb habe ich mich da ein bisschen von ihr inspirieren lassen.

Frau Oude Sie waren schon einmal bei GNTM dabei, 2017 in der 12. Staffel. Warum haben Sie sich jetzt erneut beworben?
Oude: Als ich damals direkt in der ersten Folge gehen musste, bin ich erstmal in ein Loch gefallen. Ich dachte: ‚Okay, dann soll es wohl nicht sein.‘ Aber der Gedanke an GNTM hat mich all die Jahre nicht losgelassen. Inzwischen bin ich an einem Punkt in meinem Leben, wo ich alles erreicht habe, was irgendwie erstrebenswert ist, und trotzdem hat mich das nicht komplett erfüllt. Also habe ich erneut ein Bewerbungsvideo für GNTM aufgenommen, ganz unspektakulär in der Mittagspause bei der Arbeit. Ich dachte, wenn es nicht klappt, dann eben nicht. Aber wenn ich genommen werde, dann gebe ich 100 Prozent, weil ich jahrelang an diesem Traum festgehalten habe.

Dieses Mal war Ihre Teilnahme ja sehr erfolgreich. Kündigen Sie jetzt Ihren Job und schmeißen Ihr Studium?
Oude: Auf gar keinen Fall werde ich mein Studium hinschmeißen, das mache ich vernünftig zu Ende. Aber den Job werde ich tatsächlich erstmal auf Eis legen. Das hatte ich schon vorab mit meinen Chefs besprochen, als es nach Los Angeles ging. Ich wollte die Zeit bei GNTM zu hundert Prozent nutzen und richtig Gas geben. Während der Staffel hat es mit den Jobs ja auch ganz gut geklappt. Ich werde mich jetzt erstmal aufs Modeln konzentrieren und wenn es nicht klappt, kehre ich zu meinem Studium zurück.GNTM Liebesgeständnis 09.35

Wenn die Folgen ausgestrahlt werden, sind die Dreharbeiten schon abgeschlossen. Wie war es, sich selbst im TV zu sehen? Waren Sie einverstanden mit Ihrer Darstellung?
Kokoú Kothé: Ich habe immer versucht, jede Folge donnerstags um 20.15 Uhr im TV zu schauen. Manchmal haben wir auch Watching Parties mit Freunden oder anderen Kandidatinnen und Kandidaten gemacht. Es ist schon krass, wenn du dich selbst im Fernsehen siehst. Ich weiß zwar noch ungefähr, wie ich agiert und was ich gesagt habe, aber das dann im fertigen Schnitt zu sehen, ist nochmal anders. Für mich ist es wie ein Videotagebuch. Ich habe alle Erinnerungen noch im Kopf, aber durch die einzelnen GNTM-Folgen ist es festgehalten und ich kann es mir immer wieder ansehen.
Oude: Bei mir war der Donnerstagabend auch immer geblockt, damit ich mit meinen Mädels GNTM schauen konnte. Als ich mich das erste Mal im Fernsehen gesehen haben, war mir das schon etwas unangenehm. Aber dann waren es vor allem schöne Erinnerungen, an alles was, wir erlebt haben. Ich konnte die ganze Reise nochmal erleben. Das war super.

Frau Oude, Sie haben im Finale gesagt, dass Sie mit der Gewinnsumme von 100.000 Euro Ihren Eltern eine Reise spendieren wollen. Was haben Sie vor, Herr Kokoú Kothé?
Kokoú Kothé: Ich möchte auf jeden Fall meiner Mutter etwas zurückgeben. Ob das jetzt ein gemeinsamer Urlaub oder etwas anderes ist, weiß ich noch nicht. Und ich möchte einen Teil spenden, zum Beispiel für die Depressionsforschung. Ich finde, bei dem Thema herrscht noch Aufklärungsbedarf. Es sollte kein Tabu sein, dass man sich Hilfe holt, wenn es einem mental nicht gut geht. Ich werde nach meiner Zeit bei GNTM auch eine Therapie machen. Nicht, weil es mir nicht gut geht, sondern weil ich die ganzen Eindrücke und Emotionen verarbeiten muss. Wenn ich jetzt direkt wieder Vollgas geben würde, dann käme glaube ich irgendwann der Punkt, an dem ich in ein Loch falle. Und das will ich vermeiden.