Eigentlich hatte die Fed für 2024 drei Zinssenkungen angedeutet. Analysten glaubten daran zuletzt nicht mehr so recht – nun macht es die neue Prognose der US-Notenbank mehr oder weniger offiziell.
Die US-Notenbank Fed deutet für das laufende Jahr nur eine Zinssenkung an – eine Abkehr von den bisher drei prognostizierten Zinsschritten. Alle seien sich einig, dass das weitere Vorgehen von den Daten abhängen werde, sagte Fed-Chef Jerome Powell.
Zuvor hatte die Notenbank der größten Volkswirtschaft der Welt den Leitzins im Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise zum siebten Mal in Folge in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent belassen. Die Fed veröffentlichte zugleich neue Wirtschaftsschätzungen – und erhöhte ihre Inflationsprognosen leicht. Die Konjunkturprognose für die USA beließ die Notenbank hingegen auf dem Niveau von März.
Aktuell rechnen sieben Währungshüter mit nur einem Zinsschritt, acht mit zweien und vier sehen 2024 keine Zinssenkung. Die Entscheider der Fed gehen für dieses Jahr im Mittel mit einem Leitzins von 5,1 Prozent (März: 4,6 Prozent) aus, was auf einen Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten hindeutet. Fed-Chef Powell machte jedoch deutlich, dass es sich um eine Prognose und nicht um einen festen Plan handele. Er sagte, dass es durchaus länger dauern könne, bis die Fed das Vertrauen haben werde, das sie brauche, um mit einer Lockerung der Geldpolitik zu beginnen. Anders als die Fed hatte die Europäische Zentralbank (EZB) bereits vergangene Woche die Zinswende eingeleitet und den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte gesenkt.
„Alles in allem gibt es nichts, was eine Zinssenkung im September ausschließen würde. Es hängt alles von den künftigen Daten ab“, resümierte Paul Ashworth, Analyst bei Capital Economics, nach der Fed-Sitzung. Er schließt auch zwei Zinssenkungen in diesem Jahr in diesem Jahr nicht aus. Elmar Völker, Analyst bei der LBBW, urteilte, dass der „enorm wechselhafte Eindruck“, welchen die US-Makrodaten insgesamt in den zurückliegenden Wochen hinterlassen hätten, die Sicht sowohl für Prognostiker als auch für die US-Notenbanker vernebele. Sofern das Pendel in den kommenden drei Monaten zu einer verlässlichen Wiederaufnahme des Disinflationstrends ausschlage, liege die Option einer Zinswende im September auf dem Tisch.
Viel dürfte dabei von den weiteren Inflationsdaten abhängen. Aus dem US-Arbeitsministerium kamen Stunden vor der Fed-Sitzung zunächst positive Signale. Demnach hat sich in den USA der Preisauftrieb unerwartet etwas abgeschwächt. Die Verbraucherpreise stiegen im Mai zum Vorjahresmonat um 3,3 Prozent. Im April hatte die Rate 3,4 Prozent betragen. Die Fed lieferte kurze Zeit später allerdings etwas pessimistischere Zahlen und hob ihre Prognose der Inflationsrate leicht an. Die Notenbank rechnet in diesem Jahr in den USA mit einer etwas höheren Teuerungsrate von durchschnittlich 2,6 Prozent (März: 2,4 Prozent). Für das Jahr 2025 geht die Fed von einer Inflationsrate von 2,3 Prozent aus (März: 2,2 Prozent). Powell nannte die Zahlen „konservative“ Schätzungen.
Notenbanken erhöhen die Zinsen, um die Nachfrage zu bremsen. Steigen die Zinsen, müssen Privatleute und Wirtschaft mehr für Kredite ausgeben – oder sie leihen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt ab, Unternehmen können höhere Preise nicht unbegrenzt weitergeben – und idealerweise sinkt die Inflationsrate. Für die Fed ist der Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise ein Balanceakt. Bei zu hohen Zinsen besteht die Gefahr einer Rezession. Die US-Wirtschaft ist allerdings trotz hoher Zinsen überraschend stark.