Es war eine kurze Begegnung auf der Invest in Stuttgart, die in unserer Autorin nachhallte. Nicht zum ersten Mal erfuhr sie, wie riskant Männer das Geld ihrer Frauen oder Partnerinnen für die Rente anlegen, ohne dass diese das hinterfragen.
„Wie kann ich das jetzt einfach erklären …“ Der Mann in seinen 40-ern zog die Worte in die Länge. Dabei hatte ich eine schlichte Frage gestellt: Womit er für seine Ehefrau eine Zusatzrente aufbaue. Kurz zuvor hatte er mir freimütig erzählt, dass seine Frau ihm das Geldanlegen überlasse. Zwar habe er versucht, ihr zu erklären, wie er mit ihrem Geld investiere. Sie winke dann aber ab und sage: „Ach, du machst das schon.“ Dieses blinde Vertrauen in die Finanz- und Vermögensverwaltungskompetenzen des eigenen Mannes machte mich freilich neugierig.
Das Besondere: Er hatte mich in der Bloggerlounge der Börse Stuttgart auf der Invest angesprochen. Die Invest ist die größte Privatanleger:innen-Messe Deutschlands. Seine Eröffnungsfrage an mich war: Warum es dieses ‚Frauen und Finanzen‘ gebe. Finanzen hätten doch kein Geschlecht!
Und so waren wir bei der Frage gelandet, wie er das Geld seiner Frau für die Rente anlege: in Kryptogeld, hauptsächlich in Bitcoin. Sonst nichts.
Altersvorsorge mit Kryptogeld und Derivaten
Seine Antwort machte mich sprachlos – und erinnerte mich an die Schilderungen einer Coaching-Klientin. Sie hatte mit der Trennung den Absprung aus einem ähnlichen Arrangement verpasst. Und so legte ihr jetzt Ex-Freund seit Jahren monatlich ihr Geld in ihrem Depot an. Sie verstand dabei nur Bahnhof! Das bereitete ihr zusehends ein ungutes Gefühl. Ich ermunterte sie, sich die Zugangsdaten zu ihrem Depot zu besorgen, selbst zu recherchieren und auf Erklärungen zu bestehen. Er wehrte zuerst ab, legte dann aber die Karten auf den Tisch.
Es stellt sich heraus: Er investierte mit ihrem Geld in Optionen und Optionsscheine, also in hochkomplexe Derivate. Er war durchaus erfolgreich, ihr Depot stand immerhin im Plus. Derivate aber sind keine Basis für einen langfristigen Vermögensaufbau. Sie sind Zockerei. Und es war nicht das, was meine Coaching-Klientin wollte.
Blindes Vertrauen führt schlimmstenfalls zum Totalverlust
Was diese Fälle verbindet – und ich kenne einige weitere: Die Frauen trauen ihren Männern Finanzkompetenzen und einen bewussten Umgang mit Verlustrisiken zu. Sie vertrauen ihnen ihr Geld an, ohne die Kompetenzen zu hinterfragen. Die Männer revanchieren sich selbstbewusst mit höchst riskanten Investments. Zocken statt Werte schaffen. Im schlimmsten Fall endet es im Totalverlust.
Wissenschaftlich ist belegt, dass Männer ihre Finanzbildung zwar nicht wesentlich höher einschätzen als Frauen. Sie sich Finanzentscheidungen mit Tragweite aber eher zutrauen. Und dabei teils maßlos ihre Fähigkeiten überschätzen. Die Verhaltensökonomie kennt dieses Verhalten als „Overconfidence“. Danach bewerten Menschen ihre Kompetenzen auf einem bestimmten Gebiet deutlich höher, als diese tatsächlich sind.
Freilich gibt es Ehemänner und -partner, die das Geld der Familie und ihrer Frauen klug und nach wissenschaftlichen Grundsätzen anlegen und über Jahrzehnte gemeinsame Werte schaffen. Nach meiner Beobachtung sind das Männer, die ihre Frauen einbeziehen, Anlagestrategien erklären, sich auf Sachwerte konzentrieren und sich von Spekulationen fernhalten.
STERN PAID 50_23 Meine Werte 19.18
Männer sind nicht qua Geschlecht finanzkompetent
Halten wir eines als gesichert fest: Männer sind nicht qua Geschlecht finanzgebildeter als Frauen. Sie trauen sich nur mehr zu, überschätzen ihre Finanzkompetenz aber auch sehr oft. Und doch überlassen so viele Frauen existentielle Finanzentscheidungen, besonders für die Vorsorge, ihren Männern. Ganz gleich ob verheiratet, verpartnert oder einfach zusammenlebend.
Ist das klug? Nein. Es ist fahrlässig im Sinne der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. Haben Sie zudem Ihren Mann gefragt, ob er diese Rolle haben will? Die Ihres Anlageberaters und Vermögensverwalters? Und welche Qualifikation ihn auszeichnet? Ihr Mann zu sein?
Selbstbewusst schnacken macht noch keine Zusatzrente
Wie halten Sie es? Geben Sie Ihre Vermögensentscheidungen vollständig in die Hände ihrer Partner, Männer oder Frauen? Wenn ja, aus welchem Grund? Seien Sie ehrlich zu sich.
Stellen Sie diese Punkte sicher, wenn Ihr Mann oder Partner Ihr Geld investiert:
Welche Anlagestrategie wird verfolgt? Welches Ziel ist definiert? Konkret in Zahlen? Wie ist die Zusammenstellung der Vermögenswerte und wie hoch die Verlustrisikostreuung im Sinne von „Nicht alle Eier in einen Korb“. Ist die finanzielle Risikotragfähigkeit und persönliche Risikotoleranz in der Anlagestrategie berücksichtigt? Frauen bevorzugen risikobewusste Strategien, Männer risikoreiche. Wurde hier abgewogen?Verstehen Sie die Anlage? Verstehen andere die Anlage, wenn Ihr Mann es erklärt? Wenn nicht, Finger weg. Dann sind die Wertpapiere zu komplex oder es ist zu wenig Wissen vorhanden.
Übernehmen Sie Verantwortung für Geld und Altersvorsorge
Tappen Sie nicht in die Romantik- und vermeintliche Finanzkompetenz-Geschlechter-Falle. Wenn Sie sich nicht selbst um ihr Geld kümmern, kann das in hohen Vermögensschäden resultieren. Sich selbst dahinter zu klemmen und im Team Vermögen aufzubauen, empfinde ich als Partnerschaft auf Augenhöhe. Sonst bleibt ein Machtgefälle – und Abhängigkeit.
Schreiben Sie mir gern, wie Sie dieses partnerschaftliche und persönlich so existentielle Thema Vermögensaufbau regeln.