Der rheinland-pfälzische SPD-Chef Lewentz benennt nach der Europawahl-Schlappe seiner Partei Fehler der Bundesregierung – und drängt auf Veränderungen.
Die Europawahl war nach Ansicht des rheinland-pfälzischen SPD-Landeschefs Roger Lewentz „ein Desaster für die deutsche Sozialdemokratie“. „Wir haben Fehler gemacht“, sagte Lewentz der Deutschen Presse-Agentur in Mainz mit Blick auf die Bundesregierung. „Wir haben die Bevölkerung stark verunsichert.“ Das Heizungsgesetz und das Bürgergeld nannte der 61-Jährige als Beispiele. In Berlin müsse sich „Gewaltiges ändern“. „Jetzt die Ärmel hochkrempeln, einen deutlich besseren Wahlkampf organisieren als bei der Europawahl, gutes Regierungshandeln, klare Ansagen des Kanzlers – das kann uns wieder offensiv werden lassen.“ Es müsse „sehr vieles geändert werden, aber die Zeit ist noch da“.
„Für uns alle ist spürbar gewesen, wie verärgert und wütend die Menschen heute noch sind über die Verunsicherung, die wir mit dem Heizungsgesetz angerichtet haben.“ Das Bürgergeldgesetz empfänden viele als ungerecht. „Inhaltlich glaube ich das nicht“, betonte Lewentz. Aber es sei nicht gelungen, „genau zu erklären, was drin ist“.
Die Kampagne für die Europawahl sei nach seiner Einschätzung in Teilen schlecht vorbereitet gewesen. Das Material sei für die Wahlkämpfer zu spät gekommen. Und: „Die Plakate waren nicht werbewirksam. Sie waren düster in der Anmutung.“ Man habe erkennen können, dass es kein gemeinsames Foto von Kanzler Olaf Scholz und der SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley gegeben habe. „Wenn man es auf einem Plakat nicht schafft, Optimismus zu verströmen, dann ist es schwierig, die Menschen optimistisch mit der eigenen Kampagne mitzunehmen.“ Für Barley sei es schwer gewesen, in einer Wahl, die so stark von bundespolitischen Akzenten geprägt gewesen sei, eigene Akzente zu setzen.
„Wir haben auch als rheinland-pfälzische Sozialdemokratie einen schweren Sonntag erleben müssen“, sagte Lewentz mit Blick auf die Ergebnisse der Kommunalwahlen. Auf kommunaler Ebene sei man aber so nah an den Menschen, dass man diese durch eigenes Handeln überzeugen könne, sagte Lewentz, der auch wieder in den Kreistag (Rhein-Lahn-Kreis) gewählt worden ist. „Bei der Kommunalwahl kannst Du wieder kommen, das liegt an Dir selbst, das hast Du in der Hand“, betonte Lewentz. „Ich rate dazu, bei den Wählerinnen und Wählern ganz genau hinzuhören und daraus Politik für die nächsten fünf Jahre zu organisieren.“
Der Wahltag sei „unglaublich bundespolitisch aufgeladen“ gewesen. Es sei kaum um landespolitische oder lokale Themen gegangen, sondern um „Bundespolitik, Bundespolitik, Bundespolitik“. Lewentz kündigte an, dennoch zu schauen, was sich aus den lokalen Ergebnissen herauslesen lasse. „Wir marschieren in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode in Rheinland-Pfalz langsam aber kontinuierlich auf den Wahltermin zu, haben aber noch die Bundestagswahl vor uns. Bis zur Bundestagswahl wird Bundespolitik der beherrschende Moment sein.“
Der Landtag wird 2026 gewählt, der Bundestag 2025. Lewentz war im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe im Ahrtal im Oktober 2022 nach mehr als zehn Jahren als Innenminister zurückgetreten. Als Parteichef wurde er im November 2023 wieder gewählt und will seine Nachfolge in diesem Amt spätestens bis Ende 2025 einvernehmlich organisieren. Als mögliche Nachfolger werden immer wieder genannt: Innenminister Michael Ebling, Sozial- und Arbeitsminister Alexander Schweitzer sowie die Fraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler.