Gewinner der Europawahl in Thüringen ist die AfD, die Wagenknecht-Partei ist aus dem Stand zweistellig, die Linke verliert. Ganz anders sieht es bei der Wahl von Landräten und Oberbürgermeistern aus.
Bei der Europawahl in Thüringen geht die AfD erstmals als stärkste Partei durchs Ziel – bei den Landratswahlen drohen jedoch alle ihre Kandidaten in den Stichwahlen zu scheitern. Als Wahlgewinner mit relativ geringen Verlusten hinter der AfD bei der Europawahl und dem sich abzeichnenden Gewinn einer ganzen Reihe von Landratsämtern und Rathäusern sieht Parteichef Mario Voigt die CDU. Quasi aus dem Stand bei seiner ersten landesweiten Wahl erzielt das Bündnis Sahra Wagenknecht im Freistaat ein zweistelliges Ergebnis bei der Europawahl.
Größter Verlierer bei dieser Abstimmung ist die Linke von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. Thüringens Linke-Chefin Ulrike Grosse-Röthig sagte, das Ergebnis sei nicht zufriedenstellend. „Unsere Bundespartei hat schwere Jahre hinter sich, die von dauernden Angriffen aus dem Innern auf den Parteivorstand geprägt waren.“ Man befinde sich nun in einer Phase des Neuaufbaus.
Nach Auszählung aller Wahlbezirke erzielte die AfD bei der Europawahl im Freistaat 30,7 Prozent. Sie liegt damit deutlich vor den Christdemokraten, die auf 23,2 Prozent kamen. Damit wurde die CDU bei einer Europawahl in Thüringen erstmals seit der Wiedervereinigung nicht die stärkste Kraft. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.
Den deutlichen Rückstand seiner Partei zur AfD bei der Europawahl begründete Thüringens CDU-Chef Voigt damit, dass viele Wähler der Ampel-Koalition in Berlin und der Bürokratie in Brüssel einen Denkzettel verpassen wollten.
Bei den kommunalen Stichwahlen sah Voigt die CDU-Kandidaten am Sonntagabend auf Erfolgskurs. Sie mussten sich in sechs Landkreisen mit AfD-Bewerbern auseinandersetzen. „In Thüringen vertrauen die Menschen der CDU“, sagte Voigt der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Die CDU habe unter anderem mit ihren Kandidaten in der Landeshauptstadt Erfurt, im Eichsfeld, im Wartburgkreis oder im Kreis Sömmerda gepunktet.
In Erfurt ist es ein Machtwechsel von der SPD zur CDU nach 18 Jahren. Oberbürgermeister und Amtsinhaber Andreas Bausewein von der SPD lag nach Auszählung aller Stimmbezirke bei 35,8 Prozent, Andreas Horn von der CDU kam bei diesem Zwischenstand auf 64,2 Prozent. Bausewein war zuletzt stark in die Kritik geraten, vor allem wegen seines Agierens bei Personalquerelen am Erfurter Theater.
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke sagte zum Abschneiden seiner Partei auf Bundesebene nach ersten Hochrechnungen für die Europawahl, trotz einer „massiven Schmutzkampagne“ könne die AfD ihr Ergebnis im Vergleich zu 2019 deutlich verbessern.
Höcke, Partei- und Fraktionschef der AfD in Thüringen, gilt als Gegner der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form. Immer wieder hatte er in der Vergangenheit gesagt: „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.“
Das Bündnis Sahra Wagenknecht kommt bei der Europawahl in Thüringen auf 15,0 Prozent und damit auf Platz drei. In Thüringen hatte sich ein BSW-Landesverband erst Mitte März gegründet.
Dahinter lagen weit abgeschlagen und mit hohen Verlusten die SPD mit 8,2 Prozent und die Linke mit 5,7 Prozent, die Grünen mit 4,2 und die FDP mit 2,0 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 61,9 Prozent und damit leicht über dem Ergebnis vor fünf Jahren ab.
In Thüringen waren bei der Europawahl mehr als 1,7 Millionen Menschen wahlberechtigt. Im Freistaat wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. Die AfD liegt dort in Umfragen seit Monaten auf Platz eins – mit Werten um die 30 Prozent.