Nach Europawahl: Bundesregierung weist Rufe nach Neuwahl zurück

Für den Kanzler und seine Koalition in Berlin war die Europawahl eine herbe Niederlage. Manöver wie eine „Flucht nach vorn“ sind aber nicht geplant. Für Söder ist „diese Regierung im Grunde genommen fertig“.

Die Bundesregierung ist Spekulationen und Aufforderungen zu einer vorgezogenen Neuwahl wegen der Einbußen der Koalitionsparteien bei der Europawahl entgegengetreten. „Der Wahltermin ist im Herbst nächsten Jahres regulär, und das planen wir auch so umzusetzen“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Es habe sich „zu keinem Zeitpunkt, keine Sekunde die Idee Bahn gebrochen, dass man in Deutschland Neuwahlen jetzt anfangen könne.“ 

Die Ampel-Koalition sei ein Projekt, das auf vier Jahre angelegt sei. „Am Ende der vier Jahre wird abgerechnet. Da hat der Wähler wieder das Wort, und so ist die Politik auch gestaltet“, sagte Hebestreit. Er hob hervor, dass die Regierung angesichts des russichen Überfalls auf die Ukraine oder beim Umbau der Wirtschaft für mehr Klimaschutz eine Menge Dinge angepackt habe. Das sorge für Unruhe. „Diese Regierung bemüht sich nach Kräften, die wichtigen Entscheidungen, die anstehen, auch umzusetzen.“ Dabei bleibe es auch nach einem Europawahl-Ergebnis, das für alle drei Parteien der Koalition nicht ersprießlich gewesen sei.

Nach größeren Einbußen vor allem der SPD und der mitregierenden Grünen waren unter anderem aus der Union Forderungen nach einer Vertrauensfrage von Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Parlament und einer Neuwahl des Bundestags laut geworden.

Söder: „Diese Regierung ist im Grunde genommen fertig“

CSU-Chef Markus Söder fordert möglichst rasch eine vorgezogene Neuwahl des Bundestags – wie in Frankreich auch. „Diese Regierung ist im Grunde genommen fertig. Und es muss jetzt ähnlich wie in Frankreich sein: Da hat es Neuwahlforderungen gegeben, da gibt es Neuwahlen durch Macron“, sagte Söder dem Sender n-tv. Das gelte nun auch für Deutschland: „Es braucht einen Neustart für unser Land. Die Ampel hat kein Mandat mehr, hat kein Vertrauen mehr in der Bevölkerung. Deswegen sollte es jetzt so rasch wie möglich Neuwahlen geben.“

Söder warnte die Ampel, einfach so weiterzumachen. „Das ist ein schwerer demokratischer Fehler, wenn das passiert. Denn eine Regierung, die so ohne Unterstützung ist, so ohne Legitimation, die kann ja auch nichts mehr durchsetzen, gerade in einem Jahr vor einer Wahl sowieso nicht“, sagte Söder. Er betonte: „Es wäre besser, es würde dieses Traumspiel endlich beendet werden. Das wäre der letzte große Dienst, den (Kanzler) Olaf Scholz den Deutschen erweisen könnte. Gerhard Schröder hatte damals den Mut, das zu tun. Olaf Scholz sollte das auch tun.“

Der damalige Bundeskanzler Schröder (SPD) hatte 2005 die Vertrauensfrage gestellt. Die Abstimmung im Bundestag verlor er, und es kam zu Neuwahlen. Die Union wurde stärkste Kraft und Angela Merkel (CDU) in der Folge Bundeskanzlerin.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte nach der krachenden Niederlage seines Mitte-Lagers am Sonntagabend angekündigt, die Nationalversammlung aufzulösen. Neuwahlen in zwei Wahlgängen sollen am 30. Juni und 7. abgehalten werden.