Ein Angriff auf die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen hat europaweit für Empörung gesorgt. Die 46-Jährige erlitt bei der Attacke im Zentrum von Kopenhagen ein „leichtes Schleudertrauma“, wie ihr Büro am Samstag mitteilte. Gegen den Tatverdächtigen wurde Untersuchungshaft angeordnet. Die Polizei geht nicht davon aus, dass die Tat politisch motiviert war. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und EU-Spitzenvertreter verurteilten den Angriff, der sich kurz vor der Europawahl in Dänemark ereignete.
Frederiksen war am Freitagabend auf einem Platz im Zentrum der dänischen Hauptstadt von einem Mann angegriffen worden. Zwei Zeuginnen sagten der Zeitung „BT„, ein Mann sei auf die Regierungschefin zugegangen und habe sie hart gegen die Schulter gestoßen, sodass sie zur Seite gefallen sei.
Es sei ein starker Stoß gewesen, Frederiksen sei jedoch nicht zu Boden gegangen. Der Mann habe versucht wegzurennen, sagten die beiden Zeuginnen weiter. Er sei aber nicht weit gekommen, bevor Männer in Anzügen ihn gepackt und zu Boden gestoßen hätten.
Frederiksen wurde nach dem Angriff zur Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht, wie ihr Büro weiter mitteilte. Frederiksen sei „erschüttert von dem Vorfall“. Ihre für Samstag geplanten Termine wurden abgesagt.
Der Tatverdächtige wurde am Samstag in Kopenhagen von einem Richter befragt. Dieser ordnete an, den 39-Jährigen bis zum 20. Juni in Untersuchungshaft zu nehmen. Die dänische Polizei erklärte im Onlinedienst X, sie gehe nach derzeitigen Erkenntnissen nicht davon aus, dass die Tat politisch motiviert war.
Der 39-Jährige habe zum Zeitpunkt seiner Festnahme abwesend gewirkt und sei offenbar alkoholisiert gewesen, berichteten dänische Medien unter Berufung auf Angaben der Staatsanwaltschaft.
Der Angriff auf Frederiksen ereignete sich wenige Wochen nach der Attacke auf den slowakischen Regierungschef Robert Fico, der Mitte Mai durch Schüsse lebensgefährlich verletzt worden war.
Die Tat in Kopenhagen rief europaweit Empörung hervor. Er verurteile die Tat, erklärte Kanzler Scholz auf X. „Gewalt darf niemals Teil politischer Auseinandersetzung sein.“ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nannte die Tat „inakzeptabel“. Er verurteile den Angriff „auf das Schärfste“ und wünsche Frederiksen eine schnelle Genesung, schrieb Macron auf X.
EU-Ratspräsident Charles Michel verurteilte einen „feigen Akt der Aggression“. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einer „verabscheuungswürdigen“ Tat, die allem widerspreche, „woran wir glauben und wofür wir in Europa kämpfen“. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nannte den Angriff „empörend“ und betonte, Gewalt habe keinen Platz in der Politik.
Der dänische Umweltminister Magnus Heunicke erklärte, der Vorfall erschüttere alle, die Frederiksen nahe stünden. „So etwas darf in unserem schönen, sicheren und freien Land nicht passieren.“
Der slowakische Regierungschef Fico war am 15. Mai nach einer Kabinettssitzung in der Kleinstadt Handlova niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt worden. Er musste zwei Mal operiert werden.
Auch in Deutschland hatte es zuletzt wiederholt Angriffe auf Politiker gegeben. In Dresden war Anfang Mai der sächsische SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke niedergeschlagen und schwer verletzt worden. Zuvor sollen die mutmaßlichen Täter einen 28-Jährigen angegriffen haben, der für die Grünen Wahlplakate anbrachte. Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) wurde wenige Tage später bei einem Angriff leicht verletzt. Vergangene Woche Samstag wurde der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter bei einem Angriff an einem Wahlkampfstand im baden-württembergischen Aalen leicht verletzt.
Frederiksen steht seit fünf Jahren an der Spitze der dänischen Regierung. 2019 war sie zur jüngsten Ministerpräsidentin in der Geschichte des Landes gewählt worden. Bei der Wahl im November 2022 wurden ihre Sozialdemokraten erneut stärkste Kraft.
Die Europawahl in Dänemark findet wie in Deutschland und den meisten anderen EU-Ländern am Sonntag statt.