Kriminalstatistik: Zahl der Opfer häuslicher Gewalt steigt erneut drastisch an

Ein Lagebild von Bundesregierung und Bundeskriminalamt zeigt Alarmierendes: Die Zahl der Opfer von häuslicher Gewalt ist deutlich gestiegen. Erneut. Dabei dürfte die tatsächliche Zahl der Übergriffe noch deutlich höher sein.

Die Zahl der Opfer von häuslicher Gewalt ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Wie aus einem aktuellen Bericht zur polizeilichen Kriminalstatistik hervorgeht, waren insgesamt 256.276 Menschen im Jahr 2023 offiziell von häuslicher Gewalt betroffen – 6,5 Prozent mehr als 2022. Bereits im Jahr davor hatte es einen Anstieg um mehr als acht Prozent gegenüber 2021 gegeben. 

Die meisten Opfer waren demnach weiblich (70,5 Prozent). Bei 65,5 Prozent der Betroffenen handelte es sich um Gewalt in der Partnerschaft. Hier gab es insgesamt knapp 168.000 Fälle, 6,4 Prozent mehr als 2022. Kommentar: Häusliche Gewalt 19:05

Die restlichen Opfer von häuslicher Gewalt (34,5 Prozent) waren laut Statistik von innerfamiliärer Gewalt betroffen. Hier handelt es sich um eine Form von Gewalt, die sich beispielsweise auch zwischen Großeltern und Enkelkindern oder anderen nahen Angehörigen abspielen kann. Diese Form von Gewalt betraf 2023 laut Statistik insgesamt 78.341 Menschen. Dies sind 6,7 Prozent mehr als im Vorjahr. 

Die meisten Tatverdächtigen bei häuslicher Gewalt sind Männer

Auch im vergangenen Jahr waren bei häuslicher Gewalt 75,6 Prozent der Tatverdächtigen männlich. Mit 79,2 Prozent waren die Opfer von Partnerschaftsgewalt überwiegend Frauen, 20,8 Prozent der Betroffenen waren männlich. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um vorsätzliche einfache Körperverletzung (59,1 Prozent), Bedrohung, Stalking oder Nötigung (24,6) sowie um gefährliche Körperverletzung (11,4). 155 Frauen und 24 Männer wurden im vergangenen Jahr durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) äußerte sich erschüttert: „Die erneut deutlich gestiegenen Zahlen zur häuslichen Gewalt zeigen das erschreckende Ausmaß einer traurigen Realität. Gewalt ist ein alltägliches Phänomen – das ist nicht hinnehmbar“, sagte Paus. Gemeinsam mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und der Vizepräsidentin des Bundeskriminalamts, Martina Link, stellte sie am Freitag das sogenannte Bundeslagebild zur häuslichen Gewalt vor. 

Den Betroffenen stellte Paus ein neues Gesetz in Aussicht. „Wir brauchen dringend ein flächendeckendes, niedrigschwelliges Unterstützungsangebot bestehend aus sicheren Zufluchtsorten und kompetenter Beratung. Dafür arbeiten wir an einem Gesetz zur Sicherung des Zugangs zu Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“, erklärte sie. Dieses sogenannte Gewalthilfegesetz werde „die Grundlage für ein verlässliches und bedarfsgerechtes Hilfesystem bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt schaffen.“

Die Zahlen von polizeilich registrierter häuslicher Gewalt steigen der Statistik zufolge nahezu kontinuierlich an – in den letzten fünf Jahren um 19,5 Prozent. Doch nach wie vor sei davon auszugehen, dass viele Taten der Polizei nicht gemeldet werden, etwa aus Angst oder Scham, erklärte das Bundesinnenministerium. Dies führe dazu, „dass die polizeiliche Kriminalstatistik den tatsächlichen Umfang nur bedingt widerspiegelt“, erklärte BKA-Vizepräsidentin Martina Link. Derzeit sei eine umfassende Studie in Arbeit, die das Dunkelfeld erhellen solle.

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