Die Berliner Luftfahrtmesse ILA steht auch im Zeichen der neuen Sicherheitslage. Fachverbände warnen, es könnte für Bundeswehr und Rüstungsprojekte bald schon am Geld fehlen.
Zum Auftakt der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) hat Bundeskanzler Olaf Scholz der Rüstungsindustrie langfristige Unterstützung beim Aufbau ihrer Produktionskapazitäten zugesichert. „Heute sehen wir klarer denn je, wie wichtig eine europäische und deutsche Verteidigungsindustrie ist, die alle wichtigen Waffengattungen und die nötige Munition kontinuierlich produzieren kann“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch auf dem Messegelände am Rande des Hauptstadtflughafens BER. Er kündigte die Bestellung von 20 weiteren Kampfflugzeugen des Typs Eurofighter an. Fachverbände der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik forderten unterdessen, die Finanzierung der weiteren Ausrüstung der Bundeswehr über das Jahr 2025 hinaus sicherzustellen. Das Bundeswehr-Sondervermögen in Höhe 100 Milliarden Euro reiche zur Deckung des Bedarfs bei Weitem nicht aus.
„Die „Schere“ zwischen aktueller mittelfristiger Finanzplanung und den real von der Bundeswehr benötigten Mitteln öffnet sich bereits im Jahr 2025″, warnten die neun Verbände in einer Erklärung. Sie verwiesen auf die Forderung von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), für das kommende Jahr zusätzliche 6,5 Milliarden Euro im regulären Verteidigungsetat bereitzustellen. Die Unterzeichner forderten, dass der Bundeswehr die Mittel zugewiesen werden.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellte sich grundsätzlich hinter die Forderung von Pistorius, dessen Argumentation ihm richtig erscheine. Wegen laufender Beratungen wolle er nicht in Details gehen, „aber es ist richtig, dass wir eine größere Wehrhaftigkeit brauchen. Wir müssen in unsere Sicherheit investieren, sowohl für die Unterstützung der Ukraine, aber auch zum Schutz des eigenen Landes“, sagte Habeck auf der ILA. Das Hochlaufen der Industrie sei an Aufträge gebunden, die auch finanziell hinterlegt werden müssten. Auch ihm habe die Industrie gesagt, sie brauche „jedenfalls halbwegs garantierte Abnahmebedingungen, um investieren zu können“, so Habeck.
Die Politik in Deutschland habe um die Rüstungsbranche „in der Vergangenheit einen zu großen Bogen gemacht“, sagte Scholz bei der Eröffnung. „Das ist vorbei. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat ganz Deutschland vor eine neue sicherheitspolitische Realität gestellt.“ Aus Zeitgründen würden nun einige Waffensysteme auch von Partnern beschafft, die schon marktverfügbare Produkte haben. „Auf manches können wir schlicht nicht warten. Schnelligkeit ist aber nur ein wichtiger Aspekt“, sagte Scholz. „Zugleich setze ich mich mit Nachdruck für den Erhalt und den Ausbau von Produktionskapazitäten ein.“ Noch in dieser Legislaturperiode würden 20 weitere Eurofighter bestellt, zusätzlich zu den 38 Flugzeugen, die derzeit noch in der Pipeline seien.
Nötig sei eine engere Zusammenarbeit der europäischen Partner. „Wir können es uns in Europa schlicht nicht mehr leisten, eine deutlich größere Zahl konkurrierender Waffensysteme zu haben als etwa die USA“, sagte der Kanzler dazu. Es müsse weniger Systeme geben, in den sich Stärken der jeweiligen Industrien widerspiegelten. Scholz sagte: „Dann erreichen wir auch die nötige Interoperabilität zwischen Europas Streitkräften und höhere Stückzahlen.“ Er wolle, dass die deutsche Industrie „ganz vorne mitspielt“.
Die Industrie antworte auf die geopolitischen Herausforderungen dieser Zeit mit Innovationen, sagte Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, Michael Schöllhorn, bei der Eröffnung der Messe. „Die zivile Luftfahrt präsentiert Fortschritte bei der Nachhaltigkeit, die auch ein Wettbewerbsvorteil werden.“ Die militärische Luftfahrt zeige die Systeme der Zukunft. Und die Raumfahrt führe vor Augen, „wie Europa einen unabhängigen Zugang zur Nutzung des Alls gewährleisten kann“.
Doch die technologische Spitzenstellung Europas bei diesen Themen sei umkämpft. „Die Branche steht auch unter Druck.“ Um bestehen zu können, brauche man den richtigen politischen Rahmen. „Auch benötigen wir Planbarkeit beim Verteidigungsbudget und letztlich auch Bestellungen, sonst brechen uns heute die Mittelständler und die Zulieferer weg, dessen Kapazitäten und Fähigkeiten in Zukunft entscheidend sein werden.“
Auf der Leistungsschau der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie stellen von Mittwoch bis Sonntag rund 600 Aussteller aus 30 Ländern aus. Bis Freitag ist die Messe nur für Fachpublikum geöffnet, am Samstag und Sonntag können auch alle anderen Interessierten auf das Ausstellungsgelände kommen. Inhaltlich stehen vor allem die nachhaltige Transformation der zivilen Luftfahrt sowie Verteidigungs- und Sicherheitsthemen im Fokus.
Die Messe findet alle zwei Jahre statt. Seit April ist sicher, dass ihr Austragungsort noch bis mindestens 2030 in Schönefeld bei Berlin bleiben wird. Die Länder Berlin und Brandenburg beteiligen sich an den ILA-Messen 2026, 2028 und 2030 mit je 5,5 Millionen Euro.
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