Wenn jemand in unserer Umgebung gähnt, öffnet sich auch unser Mund fast automatisch. Doch wir lassen uns nicht von jeder Person genauso leicht vom Gähnen anstecken.
Wir kneifen die Augen zusammen, reißen den Mund ganz weit auf und gähnen genüsslich. Und wenn es einer macht, machen es bald alle: „Für die meisten Menschen hat Gähnen eine ansteckende Wirkung. Innerhalb der ersten fünf Minuten nach dem Gähnen des Gegenübers müssen sie ebenfalls gähnen. Ausnahmen sind Kinder unter vier Jahren und Menschen mit einer Entwicklungsstörung“, sagt Utta Petzold, Medizinerin bei der Krankenkasse Barmer. Warum das so ist, beschäftige die Wissenschaftler:innen nach wie vor.
Der wahrscheinlichste Grund für die ansteckende Wirkung eines Gähners scheint die Empathie zu sein. Viel-Gähner finden sich laut einer Studie von Steven Platek unter jenen Menschen, die sich besser in andere Menschen hineinversetzen können. Dass Empathie eine Rolle spielt, legt auch eine Studie von italienischen Wissenschaftler:innen aus dem Jahr 2011 nahe: Über ein Jahr lang haben die Forschenden 109 Erwachsene aus Asien, Nordamerika, Europa und Afrika in ihrem gewohnten Umfeld beobachtet.
Gähnen unsere Familienmitglieder lassen wir uns am ehesten davon anstecken
Ihr Ergebnis: Wir lassen uns eher vom Gähnen nahestehender Personen anstecken als von Fremden. In der Untersuchung haben die Forschenden folgende Rangfolge ermittelt: Die Studienteilnehmer:innen ließen sich am ehesten vom Gähnen ihrer Familie anstecken, gefolgt von Freund:innen, Bekannten und Fremden. Die Situation, Nationalität oder das Geschlecht hingegen spielten laut der Wissenschaftler:innen eine weniger wichtige Rolle als die emotionale Verbundenheit.
Wir werden also unbewusst zum Nachahmen animiert. „Wenn zum Beispiel ein Familienmitglied gähnt, gähnen Sie eher als bei einem Fremden – das liegt an der empathischen Verbindung, die unser Gehirn herstellt, dass wir uns mehr in die gähnende Person einfühlen und ihre Handlungen ungewollt nachahmen wollen“, sagte Reyan Saghir vom King’s College in London gegenüber „Realsimple“.
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Aber warum wir überhaupt gähnen, ist immer noch ein Rätsel. Die Annahme, dass Gähnen eine Reaktion auf zu wenig Sauerstoff im Blut sei, ist zwar weit verbreitet – aber diese These wurde schon widerlegt. Eine andere Vermutung, die in der Wissenschaft diskutiert wird: Gähnen dient der Temperaturregulation des Gehirns. „Wenn sich die Gesichtsmuskeln entspannen, kann die Wärme über die Gesichtsvenen abgeleitet werden, und die einströmende kühle Luft trägt über das Blut zur Kühlung der Gehirntemperatur bei“, sagte Reyan Saghir.
Quellen: Studie Platek , Studie Italien, Barmer, Realsimple
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