In einigen bayerischen Hochwassergebieten wird schon aufgeräumt, entlang der unteren Donau bleibt die Lage aber angespannt. Es gibt drei Todesopfer – und noch immer werden Menschen vermisst.
Beim Hochwasser in Bayern sind mindestens drei Menschen ums Leben gekommen, mehrere werden noch vermisst – und die Lage an der Donau bleibt kritisch. Während in einigen Regionen die Aufräumarbeiten laufen, steigt andernorts das Wasser weiter. Regensburg stehen noch „ein, zwei Tage echte Anspannung, echte Sorge“ bevor, sagte Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) am Dienstag bei einem Besuch von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Dieser will am Mittwoch erneut ins Hochwassergebiet reisen, dieses Mal nach Passau.
Am Vorabend waren die Häuser einer Straße an der Donau evakuiert worden, weil der Untergrund aufgeweicht ist und die Schutzwände abzurutschen drohten. Donauabwärts, in der Drei-Flüsse-Stadt Passau, gilt auch der Katastrophenfall. Der Uferbereich mit der ersten Häuserzeile in der Altstadt ist überflutet. Auch über Nacht soll es an den Deichen Wachen geben, um Schäden frühzeitig zu erkennen.
Kaum mehr Regen erwartet
Eine gute Nachricht hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD): Regen solle es nicht oder kaum mehr geben. Zwischen Kelheim und Passau sollen die Pegelstände laut Hochwassernachrichtendienst (HND) bis einschließlich Mittwoch oberhalb der Meldestufe 4 liegen. Auch wenn der Sonnenschein einen anderen Einruck vermittele, könne keine Entwarnung gegeben werden, sagte Söder.
Hoffnung in Regensburg
In Regensburg hofft die Rathaus-Chefin, „dass uns das hält, was wir an Schutzmaßnahmen gerade hier in diesem Bereich auf den Inseln aufgebaut haben“. Zwar sei der Wasserstand niedriger als bei früheren Hochwassern, jedoch fließe das Wasser langsamer ab. Durch den hohen Grundwasserstand seien die Böden der Donauinseln „wirklich feucht“, „nass, schwammig“, „wie ein Wackelpudding“, sagte Maltz-Schwarzfischer. „Das heißt, die Lage ist nach wie vor angespannt.“ Der Wasserstand der Donau halte sich auf hohem Niveau.
In der oberpfälzischen Unesco-Welterbe-Stadt wie auch im niederbayerischen Passau gibt es immer wieder Hochwasser. Der Freistaat investiere seit Jahren in den Hochwasserschutz, sagten Söder und Umweltminister Thorsten Glauber unisono. Die Stadt Regensburg sei da „erfahren, professionell, gut aufgestellt“. Doch nun drücke das Grundwasser gegen die Verankerungen der Vorrichtungen und lasse diese „wackelig“ werden. Mit Blick auf die kommenden Tage bleibe man daher „in Hab-Acht“-Stellung, betonte Söder. „Wir fokussieren uns darauf, dass wir die nächsten Tage gut überstehen.“ Söder, Glauber und Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dankten mit der Oberbürgermeisterin den Einsatzkräften.
Proteste von Klimaaktivisten
Begleitet wurde der Politiker-Besuch von Protesten etlicher Klimaschützer. Sie könnten beim Aufräumen helfen, entgegnete der Ministerpräsident, dem die Aktivisten ihrerseits im Kampf gegen den Klimawandel Untätigkeit vorwarfen.
In Passau war die Altstadt für den Autoverkehr weitgehend gesperrt. Nach Angaben einer Stadtsprecherin dürfen lediglich noch Anwohner dort hereinfahren. In Passau fließen Donau, Inn und Ilz zusammen. Mit Sandsäcken und Holzbrettern versuchen die Menschen dort, ihre Häuser zu schützen. Am Abend ging der Donau-Pegel in der Stadt bereits zurück. Auch donauaufwärts sei der Scheitel erreicht, sagte Kreisbrandrat Josef Ascher. Der Scheitel könne sich aber mit leichtem Abfallen über eineinhalb Tage hinziehen. Am Pegel Hofkirchen im Landkreis Passau stand das Wasser etwa bei 6,70 Metern – fast doppelt so hoch wie normal mit etwa 3,50 Metern. Dennoch sei bis zu Deichkrone noch Spielraum. Es gebe keine großen Sorgen, dass hier Deiche brechen könnten.
Drittes Todesopfer gemeldet
Insgesamt kamen bei dem Hochwasser in Bayern mindestens drei Menschen ums Leben, zudem gibt es laut Innenministerium mehrere Vermisste. Eine 57 Jahre alte Frau rutschte am Montag in Markt Rettenbach (Landkreis Unterallgäu) mit ihrem Auto ins Wasser und wurde später leblos geborgen, wie die Polizei am Dienstag mitteilte. Die Autofahrerin war nach ersten Ermittlungen auf einer überfluteten Staatsstraße unterwegs, nachdem sie eine Absperrung ignoriert hatte. Im gesperrten Abschnitt sei die Frau an einer überfluteten Stelle mit ihrem Wagen in eine Wiese abgerutscht. Dort sei der Wasserstand so hoch gewesen, dass das Auto sofort von Wasser umschlossen worden sei.
In Schrobenhausen war am Wochenende eine 43 Jahre alte Frau im Keller eines Hauses ums Leben gekommen. In Pfaffenhofen an der Ilm starb ein Feuerwehrmann im Einsatz. Ein weiterer Feuerwehrmann wurde im schwäbischen Offingen noch vermisst. Der 22-Jährige war mit weiteren Einsatzkräften mit einem Boot gekentert. Die anderen konnten sich retten.
Glückliche Rettung
Nach zweieinhalb Tagen in der Krone eines Baums ist in Schwaben eine 32 Jahre alte Frau gerettet worden. Sie war seit der Nacht zum Sonntag im überfluteten Silberwald bei Neu-Ulm vermisst worden, konnte sich aber in dem Baum vor dem Hochwasser in Sicherheit bringen – und überlebte. Sie wurde am Dienstagmittag mit einer Suchdrohne entdeckt. Die geschwächte und dehydrierte 32-Jährige wurde in ein Krankenhaus gebracht. Sie war in der Nacht von Samstag auf Sonntag in dem Wald unterwegs gewesen, als das Wasser immer weiter stieg. Als die Einsatzkräfte sie schließlich fanden, stand die Flut noch immer etwa brusthoch unter dem Baum.
Hilfen in Aussicht
Die Staatsregierung will einen dreistelligen Millionenbetrag an Finanzhilfen für Betroffene bereitstellen – „100 Millionen plus X“ kündigte Ministerpräsident Söder nach einem entsprechenden Kabinettsbeschluss in München an. Von dem Hilfspaket sollen grundsätzlich sowohl Privathaushalte als auch Gewerbebetriebe, Selbstständige sowie Land- und Forstwirte profitieren können. Erstes Geld soll auf Antrag noch diese Woche fließen. „Bayern hilft, schnell und unbürokratisch“, sagte Söder.
Nach einem Bericht der Mediengruppe Bayern mit „Passauer Neue Presse“, „Mittelbayerischer Zeitung“ und „Donaukurier“ stellt der Autobauer BMW 1,5 Millionen Euro als Soforthilfe für Hochwasser-Betroffene zur Verfügung.
Sinkende Wasserstände an den Donauzuflüssen
An den Donauzuflüssen geht das Hochwasser zurück. Im Bereich Isar und Inn hätten jedoch die Starkregenfälle vom Montag zu kurzzeitig starken Anstiegen der Pegelstände geführt. An den Isar-Pegeln Landshut und Plattling fielen die Pegelstände in die Meldestufe 3, die Pegelstände in München und Freising lagen in Meldestufe 2. Auch am Inn war der Scheitel bei Passau am Mittag erreicht.
Im Landkreis Pfaffenhofen a.d.Ilm wurde bereits mit Hochdruck am Wiederaufbau der Stromversorgung gearbeitet. Die Bayernwerke seien mit zahlreichen Mitarbeitern vor Ort, insbesondere im Bereich des beschädigten Umspannwerkes in Reichertshofen, teilte das Landratsamt mit. Die Zahl der Haushalte, die wieder mit Strom versorgt werden könnten, steige stündlich. Parallel werde daran gearbeitet, die Leistungsstärken wieder aufzubauen, die in den Betrieben benötigt würden.
Schaulustige bereiten Probleme
Mancherorts machten Schaulustige den Einsatzkräften zu schaffen. Etliche Behörden appellierten an die Bürgerinnen und Bürger, abgesperrte Bereiche nicht zu betreten, sich von Dämmen fernzuhalten und den Anweisungen der Einsatzkräfte zu folgen. In Deggendorf ging am Montagabend beispielsweise eine Frau in einer voll gelaufenen Fußgängerunterführung schwimmen.
Die Oberbürgermeisterin von Regensburg warnte vor Katastrophentourismus. „Bitte nicht gehen und schauen, wie es steht. Vor allem nicht auf die Stege gehen, sondern einfach mal sich zurückhalten, weil da müssen die unterwegs sein können, die wirklich helfen und was zu tun haben“, sagte sie im Bayerischen Rundfunk. Auch Passaus Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) hatte die Bürger aufgerufen, das Hochwassergebiet zu meiden: „Bitte schön: Wer in der Altstadt nichts zu tun hat, der möge da bitte fernbleiben.“
Donau-Schifffahrt in Österreich liegt lahm
Die Wassermassen in Deutschland fließen teilweise nach Österreich ab – dort regnet es zudem stark. Der gesamte Verlauf der Donau in Österreich wurde für die Schifffahrt gesperrt. In Teilen des Bundeslandes Niederösterreich wurden Straßen, Keller und Felder überflutet.
Hochwasserlagebericht DWD Vorhersage