Ein Kommentar zum Mannheimer Polizistenmord sorgte für Missverständnis. Hier eine einordnende Klarstellung.
In Mannheim ist ein Polizist erstochen worden, als er versuchte, andere Menschen zu schützen. Er ist ein Held. In einem Kommentar, den ich gestern für den stern geschrieben habe, ist offenbar der Eindruck entstanden, ich würde diesen Tod relativieren wollen.
Mein Mann war selbst Polizist
Nichts liegt mir ferner. Mein Mann war fast 40 Jahre Polizist. Auf der Wache, in der Einsatzleitstelle, als Dienstgruppenleiter. Er verlor einen Kollegen, der im Dienst erschossen wurde. Jedes Mal, wenn mein Mann zu spät nach Hause kam, und das geschah oft, weil er ständig Überstunden leisten musste, war ich besorgt. Ich fürchtete, dass ihm etwas passiert war. Er beruhigte mich. Polizeibeamte, sagte er, sei kein besonders gefährlicher Beruf. Ich wollte das nicht recht glauben, aber wenn man sich die Zahlen ansieht, stimmt das. Dass Polizisten getötet werden, wie jetzt in Mannheim oder in Kusel, wo Anfang 2022 zwei junge Polizisten von einem Wilderer erschossen wurden, oder 2015 in Herborn, wo ein erklärter Polizistenhasser einen Beamten erstach, geschieht selten. Zum Glück. Und noch mal, das habe ich bereits in meinem Kommentar geschrieben: Trotzdem ist jeder Polizist, der im Dienst ums Leben kommt, verletzt oder krank wird, einer zu viel.
Alle fünf Tage stirbt ein Mensch auf Baustellen
Gleiches gilt für Menschen, die auf dem Bau arbeiten. 2023 starben 75 Menschen auf deutschen Baustellen. Mit anderen Worten: Statistisch gesehen stirbt alle fünf Tage ein Mensch auf dem Bau. Ein Unfall ist etwas anderes als ein Mord, das stimmt. Aber in beiden Fällen sterben Menschen bei der Ausübung ihres Berufes. Nach dem Tod eines Polizisten meldet sich die Politik regelmäßig zu Wort. Häufig mit vorschnellen Urteilen, um bei der Wählerschaft zu punkten. Menschen trauern und stellen Kerzen auf. Zu Recht. Wenn Bauarbeiter sterben, wird das kurz vermeldet. Kein Politiker ergreift das Wort, die Menschen halten keine Mahnwache, obwohl es Zeit dafür wäre. Wie kann es angehen, dass so viele Menschen auf Baustellen sterben? Warum interessiert sich für diesen Skandal offenbar niemand? Nur darauf wollte ich hinweisen, ohne etwas zu relativieren. Unter den vielen wütenden E-Mails, die mich erreicht haben, war auch diese: „Ich finde ihren Artikel ausgewogen und mutig. Ich bin 58 und habe mehrere Jahre auf dem Bau gearbeitet. Dass jeder Polizist, der im Dienst stirbt, einer zu viel ist, stimmt unbedingt. Aber halt auch jeder Bauarbeiter.“