Der Campingplatz liegt mitten in weißen Sanddünen, eingerahmt von hohen Kiefern. Davor die Ostsee, darüber der blaue Himmel. So idyllisch er liegt, so erbittert wird um das Regenbogencamp gestritten.
In der 37. Minute stellte der Richter im Saal G1 06 am Landgericht Stralsund mit einigem Bedauern klar: „Eine gütliche Einigung kam nicht zustande.“ Das Land Mecklenburg-Vorpommern und der Ferienanlagenbetreiber Regenbogen AG sind sich in ihrem Streit um den Dünen-Campingplatz in Prerow am Montag keinen Schritt nähergekommen. „Zwischen uns liegen Welten“, so einer der Anwälte des Landes. Nun urteilt das Gericht am 28. Juni.
An juristischem Sachverstand mangelte es am Montag im Saal sicher nicht. Mecklenburg-Vorpommern war mit zwei Anwälten vertreten, die Gegenseite mit drei. Die Kammer bestand aus drei Richtern. Das öffentliche Interesse war groß, im Zuschauerraum saßen auch betroffene Dauercamper, die mit Sorge auf die Zukunft „ihres“ schon in DDR-Zeiten bekannten Campingplatzes schauen.
Vor der Kammer ging es um eine rund 15 Hektar große Teilfläche des Campingplatzes, die im Wald liegt. Darauf errichtete die Regenbogen AG, die den Platz sei 30 Jahren betreibt, Infrastruktur wie Sanitäranlagen, Stromkästen und Wasserableitungen. Das Land kündigte den Pachtvertrag zum 31. Dezember 2023. Ein neuer Pächter wurde in einem Auswahlverfahren bestimmt. Doch die Regenbogen AG räumte den Platz nicht.
Das Unternehmen mit Sitz in Schleswig-Holstein argumentiert, der Vertrag habe eine Laufzeit bis 2042 und pocht zudem auf Entschädigungszahlungen unter anderem für die in den letzten Jahrzehnten getätigten Investitionen auf dem Campingplatz. Letzteres ist auch für das Land im Grundsatz unstrittig.
Die Regenbogen AG schlug als Kompromisslinie eine kürzere Vertragslaufzeit bis 2028 sowie eine Entschädigungssumme in Höhe von dann rund 16 Millionen Euro vor. Für die Gesamtlaufzeit bis 2042 würden dem Unternehmen nach eigenen Angaben 42 Millionen Euro an Einnahmen entgehen.
Die Anwälte des Landes beharrten am Montag strikt auf der Wirksamkeit der Kündigung. Es gebe auch kein Alternativmodell. „Das Tischtuch ist relativ zerschnitten“, so einer der Anwälte des Landes MV. „Nach 30 Jahren ist auch irgendwann mal gut.“ Dass keine Schnittmenge gefunden wurde, liegt wohl auch an den finanziellen Forderungen. „Das Zahlenwerk ist das Problem“, betonte der zweite Anwalt des Landes. Man bewege sich da in unterschiedlichen Sphären.
Dem Vorsitzenden Richter der 6. Zivilkammer, Frank Bechlin, schwante am Montag jedenfalls nichts Gutes. Er verdeutliche beiden Parteien, dass derartige Verfahren außerordentlich langwierig sein und sich „krakenhaft“ ausweiten könnten. „Egal, wie das hier ausgeht, es geht immer in die zweite Instanz.“ Er appellierte wortreich und diplomatisch an die Parteien, sich doch mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen und gegebenenfalls mit Hilfe eines Güterichters eine Lösung zu finden.
Der Streit beschäftigt aktuell die beiden Landgerichte Stralsund und Rostock sowie das Verwaltungsgericht Greifswald. Es sind insgesamt vier Verfahren, bei denen es unter anderem um die Frage des Vergabeverfahrens an einen neuen Pächter sowie unterschiedliche Flächen geht. Das Landgericht Rostock befasst sich etwa mit einer Räumungsklage für den Anlandungsbereich, also die Sand- und Dünenfläche, wo die Camper stehen. Da ist die landeseigene Stiftung Umwelt- und Naturschutz Eigentümerin der Flächen.
Alles sei derzeit noch im Schwebezustand, sagte der Richter. „Das kann sehr lange dauern“, gab Bechlin zu bedenken und fragte zugleich vorsichtig nach: „Muss das denn sein?“ Die, die profitierten, seien die „Herren in schwarzer Robe“, sagte er leicht pointiert mit Blick auf die Anwälte. Und es komme vor, dass man sich nach dem Gang durch alle Instanzen dann doch an einen Tisch setze und nach einer Lösung suche. Das könne man doch jetzt schon haben.