Historisches Ergebnis bei der Parlamentswahl in Südafrika: Erstmals hat der seit 30 Jahren allein regierende ANC seine absolute Mehrheit verloren. Wie die Wahlkommission am Sonntagabend mitteilte, kam der Afrikanische Nationalkongress auf 159 der 400 Mandate. Die größte Oppositionspartei, die mitte-rechts ausgerichtete Demokratische Allianz (DA), wurde demnach zweitstärkste Kraft und erhielt 87 Mandate. Dritte Kraft wurde die neu gegründete Partei MK von Ex-Präsident Jacob Zuma, der jedoch die Verkündung der Wahlergebnisse boykottierte und Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung beklagte.
Der ANC des amtierenden Präsidenten Cyril Ramaphosa dürfte sich nun um eine Koalitionsregierung bemühen. ANC-Generalsekretär Fikile Mbalula hatte zuvor erklärt, die Partei wolle Gespräche mit anderen Parteien zur Bildung einer solche Regierung aufnehmen. Der ANC wolle eine Regierung, „die den Willen des Volkes widerspiegelt, stabil ist und effektiv regieren kann“.
Denkbar wäre aber auch eine ANC-Minderheitsregierung. In den kommenden Wochen, noch im Juni, müssen die Abgeordneten den nächsten Präsidenten der zweitgrößten Industrienation Afrikas wählen. Ramaphosa strebt eine zweite Amtszeit an.
Der Präsident rief alle Parteien dazu auf, das Wahlergebnis zu respektieren. „Unser Volk hat gesprochen, ob es uns gefällt oder nicht“, sagte Ramaphosa in einer Ansprache nach der Verkündung des Endergebnisses. Die Wähler erwarteten, dass die Parteien „eine gemeinsame Basis finden und ihre Differenzen überwinden“.
Der Parteichef der DA, John Steenhuisen, äußerte seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem ANC. Er warnte vor einem „apokalyptischen“ Regierungsbündnis des ANC mit Zumas MK und der linksradikalen EFF.
Der Verlust der absoluten Mehrheit für den ANC war in allen Umfragen vorhergesagt worden. Die Partei des südafrikanischen Nationalhelden Nelson Mandela verzeichnet seit einigen Jahren ein schwindendes Vertrauen in der Bevölkerung.
Unter anderem führten eine Reihe von Korruptionsskandalen in der Führungsebene des ANC, eine hohe Arbeitslosigkeit, die schwache Wirtschaft, hohe Kriminalität sowie ständige Stromausfälle dazu, dass sich viele Südafrikaner von der Regierungspartei abwandten.
Bei der Parlamentswahl am Mittwoch waren rund 27,6 Millionen registrierte Wähler aufgerufen, über die Besetzung des 400 Abgeordnete zählenden Parlamentes in Kapstadt abzustimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 58,6 Prozent und damit deutlich unter den 66 Prozent im Jahr 2019.