Unwetter: Das Hochwasser im Süden steigt

Vor allem unweit des Bodensees steigen die Pegelstände der Flüsse nach starkem Dauerregen in der Nacht an. Viele Gemeinden sprechen Warnungen aus. Richtig gefährlich könnte heute werden.

In vielen Gemeinden entlang der von Dauerregen belasteten Flüsse in Süddeutschland könnte es heute zu heftigen Überschwemmungen kommen. Auch wenn es in der Nacht zunächst keine großflächigen Überflutungen gab, wird vielerorts ein Jahrhunderthochwasser befürchtet.

In Oberschwaben und am Bodensee hat sich die Lage allerdings leicht entspannt. „Trotz anhaltenden Dauerregens sind die befürchteten Überflutungen durch Scherzach und Schussen in der Nacht ausgeblieben“, teilte die Stadt Weingarten mit. Es gebe zwar leichte Entwarnung, aber die Lage sei weiter angespannt, sagte eine Sprecherin. Im Laufe des Vormittags wolle man sich mit der Feuerwehr weiter besprechen.

In Weingarten bei Ravensburg war Bewohnern am Abend geraten worden, bei Verwandten und Freunden außerhalb der von steigenden Pegelständen gefährdeten Gebiete zu übernachten und Kellerräume und Untergeschosse zu meiden.

Im wenige Kilometer entfernten Meckenbeuren im Bodenseekreis habe sich die Lage auch etwas entspannt, sagte ein Feuerwehrsprecher. „Ich denke, der Zenit ist nach Mitternacht überschritten gewesen.“ Aktuell würden aber noch Einsätze laufen. Wegen akuter Überflutungsgefahr wurde rund 1300 Menschen geraten, ihr Zuhause zu verlassen.

Eine Schule sei mit Sandsäcken gesichert worden, weil noch nicht klar sei, ob die Schussen an der Stelle überlaufen werde, sagte der Sprecher. Generell gehe man aber davon aus, dass die Pegelstände wieder etwas sinken könnten, da viel Wasser schon abgeflossen sei, etwa in den Bodensee.

Landesgartenschau bleibt geschlossen

Die Landesgartenschau in Wangen im Allgäu bleibt aufgrund der aktuellen Lage heute geschlossen. „Es ist viel Wasser im Fluss, und es ist noch nicht klar, wie sich die Lage weiterentwickelt, denn es sind weitere Niederschläge in den nächsten Stunden angekündigt“, teilte eine Sprecherin mit. Die Stadt an der Argen hatte am Abend Hochwasseralarm ausgelöst. Veranstaltungen auf dem Landesgartenschau-Gelände waren abgesagt worden.

Der Pegelstand der Argen werde genau beobachtet, hieß es. Der Oberbürgermeister der Stadt, Michael Lang (parteilos), hatte seine Bürger bis in den Abend hinein auf Instagram über die aktuelle Lage informiert.

Erdrutsch wegen Regen: Landstraße halbseitig gesperrt

Die Landstraße 383 bei Reutlingen in Baden-Württemberg ist wegen eines Erdrutsches halbseitig gesperrt worden. Die Sperrung zwischen Reutlingen und Gönningen dauere nach Angaben der Polizei bis in den Nachmittag an.

128 Liter Regen pro Quadratmeter binnen 24 Stunden

In Teilen Baden-Württembergs und Bayerns gilt laut Deutschem Wetterdienst (DWD) vielerorts die höchste Warnstufe. Die Niederschlagsmengen der vergangenen Nacht entsprachen weitgehend den Prognosen. Im schwäbischen Sigmarszell im Landkreis Lindau fielen innerhalb eines Tages rund 128 Liter Regen pro Quadratmeter. In Ottobeuren im Landkreis Unterallgäu sowie in Wangen im Allgäu (Landkreis Ravensburg) waren es rund 108 Liter. In Kißlegg fielen rund 105 Liter, in Weiler-Simmerberg im Landkreis Lindau circa 104 Liter.

Keller unter Wasser, Katastrophenfall in Günzburg

Die dadurch anschwellenden Wasserstände der Flüsse lösen auch Sorgen weiter nördlich aus, etwa an der Donau sowie an deren weiterer Zuflüsse. Hier wird teils mit Überflutungen gerechnet, wie sie statistisch nur alle 50 bis 100 Jahre vorkommen.

Der Fluss Zusam im Landkreis Augsburg trat bereits über die Ufer, überspülte in der Marktgemeinde Fischach Straßen und flutete einige Keller. Es habe aber weder große Schäden noch Verletzte gegeben, teilte die Polizei mit. Die Zusam erreichte laut dem Hochwassernachrichtendienst Bayern am Pegel Fleinhausen in der Nacht die Meldestufe drei von vier.

„Wir nehmen die Situation sehr ernst“

Unweit davon rief der Landkreis Günzburg den Katastrophenfall aus – vorbeugend. In der Region gehe es darum, die potenziell betroffenen Städte und Gemeinden besser unterstützen zu können, teilte das Landratsamt mit. Dafür seien Einsatzkräfte aus dem gesamten Landkreis nötig.

Camping- und Freizeitplätze an den Flüssen Günz, Kammel und Mindel sollten geräumt werden – hier dürften während der Pfingstferien viele Gäste des Freizeitparks Legoland verweilen. „Wir nehmen die Situation sehr ernst“, sagte Landrat Hans Reichhart (CSU). „Wir wollen, die Zeit, die wir jetzt noch haben, bis das Hochwasser den Landkreis Günzburg erreicht, optimal nutzen.“

Im Landkreis Biberach wurden Menschen in betroffenen Gebieten dazu aufgerufen, auf ihre Sicherheit zu achten. Dort bestehe potenziell Lebensgefahr. Sie sollten Notfallgepäck vorbereiten und die NINA-Warnapp auf das Smartphone laden, um zeitnahe Informationen zu erhalten – so eingestellt, dass bei einer Evakuierungsmeldung ein Alarm ertönt. „Dazu muss das Handy angeschaltet sein und darf sich nicht im Flugmodus befinden“, hieß es aus dem Landratsamt der besonders betroffenen Region Ravensburg.

Hochwasserrisiko auch in Hessen, Gefahr im Osten

Auch in anderen Regionen haben die Niederschläge die Wasserstände in Flüssen ansteigen lassen – und weitere Zuwächse werden erwartet. In Hessen ist laut dem regionalen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie ein statistisch nur alle 20 Jahre auftretendes Hochwasser an Rhein und Neckar möglich.

Im Osten Deutschlands müssen sich die Menschen laut DWD auf viel Regen, teils auch auf Gewitter einstellen. Allerdings treffe das Unwetter Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt voraussichtlich weniger stark als zunächst befürchtet.