Eine Woche vor der Europawahl hat die Grünen-Spitze auf einem kleinen Parteitag vor einem Erstarken rechter Kräfte gewarnt und zur Verteidigung der EU aufgerufen. „Es geht um sehr viel – weil Europa uns sehr viel gibt“, sagte Parteichef Omid Nouripour am Samstag beim sogenannten Länderrat in Potsdam. Seit Jahrzehnten herrsche Frieden in Europa, dies sei eine „historische Einmaligkeit“. „Europa ist keine Selbstverständlichkeit“, sondern müsse verteidigt werden, betonte auch Parteichefin Ricarda Lang.
Es sei ein unglaubliches Glück, in der „Friedens- und Freiheitsunion“ der EU zu leben, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in ihrer Rede. Jeder, der in Europa lebe, spüre das.
Bei der anstehenden Wahl gehe es nun darum, wie sich Europa entwickle, betonte Parteichefin Lang. Zugleich warnte sie vor einem Rechtsruck: Lösungen müssten gewinnen – „nicht Angst und Hass“.
In vielen europäischen Ländern stünden Rechtsextreme in den Umfragen stark da, sagte die Grüne-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Terry Reintke. Doch „sie wollen die EU kaputt machen“. Die Europawahl sei deshalb „eine Richtungswahl“ – bleibe es bei einem Europa des Friedens und der Freiheit oder gebe es ein Zurückfallen in den Nationalismus.
Bei der Wahl stehe zudem das Klimapaket der EU, der „Green Deal“ auf dem Spiel, betonte Reintke. Es gehe darum, ob dieser rückabgewickelt oder vorangetrieben werde.
Sowohl Reintke als auch Lang schlossen auf dem kleinen Parteitag eine Zusammenarbeit der Grünen mit Rechtsextremen im nächsten europäischen Parlament aus. Lang forderte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu auf.
Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck übte in seiner Rede scharfe Kritik an der Union. Diese stehe für „einen energiepolitischen Blindflug“, denn sie versuche, den Ausbau der erneuerbaren Energie kaputt zu machen. Die Union sei „energiepolitisch eine Geisterfahrer-Partei“ und dürfe nie wieder Verantwortung übernehmen. Der Vizekanzler betonte: „Die Klimakrise, die globale Erderwärmung ist konkret – sie trifft die Menschen schon jetzt.“
Zu dem sogenannten Länderrat in Potsdam waren knapp hundert Delegierte aus den verschiedenen Landesverbänden der Partei angemeldet.
Den Grünen drohen bei der Europawahl am 9. Juni große Verluste. In den letzten Umfragen werden sie bei 14 bis 15 Prozent gesehen. Bei der Wahl vor fünf Jahren hatten sie noch ein Rekordergebnis von 20,5 Prozent geholt.